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Wie meine Familie begann, Plastik zu boykottieren

Plastik – im Supermarkt, auf den Strassen, im Wald, in den Weltmeeren. In unserer Familie hatten wir schon so oft, so lange darüber gesprochen. Und dann kam der Tag, an dem wir endlich loslegten: mit dem Plastiksparen bei Lebensmitteln.

Plastik sparen beim Einkauf: Diese Familie macht es vor.
Es gibt viele Möglichkeiten, beim Einkauf Plastik zu sparen. Foto: a_namenko, iStock, Getty Images Plus

«Was für ein Müll!» Das war der Standardsatz meines Mannes, wenn wir mal wieder vom wöchentlichen Grosseinkauf kamen. Damit meinte mein Mann natürlich weder den Käse noch die Sosse, das Obst oder die kräftig roten Tomaten, sondern das ganze Drumherum. Die Hartschalenverpackungen, die Plastikflaschen und -schachteln, die Folien. Dabei hatten wir uns längst vorgenommen, weniger Kunststoff mitzukaufen. Doch kennen Sie auch das Gefühl der Hilflosigkeit, wenn man in einem Laden steht, in dem nahezu ALLES in Kunststoff verpackt ist?

Ein Plan musste her

Mikroplastik in unserem Essen, Müllstrudel in den Ozeanen, Kunststoff im Magen von Seevögeln – all diese Nachrichten erschütterten uns schon lange. Was uns fehlte, war nicht der Wille, sondern ein konkreter Plan. Deshalb begann ich, Tipps zu sammeln, wie es denn mit weniger Plastik oder noch besser fast ohne Plastik gehen könnte.

Und bald war unsere 17-jährige Tochter, die ohnehin durch «Fridays for Future»-Aktionen sensibilisiert war, mit dem Plastikspar-Virus angesteckt. Sie begann sofort, ihre Naturkosmetik in Gläsern selbst anzurühren. Ich wollte vor allem den Lebensmittel-Verpackungen an den Kragen. Denn in unserem Kunststoffabfall machte er die meiste Masse aus.

Allerdings wollten wir unseren Alltag deshalb nicht komplett auf den Kopf stellen. Von einem Geschäft zum anderen fahren, um unverpackt hier dieses und dort das zu kaufen, fanden wir alle gruselig.

Lösungen für alle, die möglichst nur einen Ort anpeilen wollen:

Der Wochenmarkt, auch der Hofmarkt, ist für mich die beste Adresse geworden, um zeitsparend einzukaufen. Denn hier gibt es einen grossen Teil des täglichen Lebensmittelbedarfs wie Obst, Gemüse, Käse, Wurst, Eier, Fleisch, Fisch. Mittlerweile habe ich auch raus, schnell die Tasche aufzuhalten.

Denn allzu schnell greifen die Marktverkäufer gewohnheitsmässig nach einer Tüte. Was ich auf dem Markt liebe, sind vor allem die regionalen Produkte. Allerdings weiss ich auch, dass nicht jeder dann gerade Zeit hat, wenn der Wochenmarkt geöffnet ist. Hofmärkte können eine Alternative sein.

Unverpacktläden bieten nahezu ausschliesslich Waren an, die nicht in Kunststoff verpackt sind. Dort lassen sich auch Lebensmittel wie Nüsse und Rosinen, Reis- und Getreideprodukte, Hülsen- und Trockenfrüchte, Müsli, Wasch-, Spül- und Putzmittel in mitgebrachten Behältern wie Dosen und Gläsern abfüllen. Auch Biomärkte verfügen über einen relativ hohen Anteil unverpackter Waren.

Wem Grosseinkäufe in Unverpacktläden und Bioläden zu teuer sind, kann auf einen grossen Supermarkt ausweichen, wenn er über eine Frischtheke verfügt. Hier lässt sich Frisches wie Käse und Wurst, Fleisch und Fisch auch ohne Plastik erwerben. Vorausgesetzt, man hat eine saubere Dose mit dabei. Beim Obst und Gemüse muss man sich überraschen lassen, wieviele Sorten unverpackt sind.

Die Sache mit der Frischetheke

Ist es erlaubt, die eigene Verpackung an eine Supermarkttheke mitzubringen? Die Antwort lautet: Im Prinzip ja. Aber es müssen bestimmte Hygieneregeln eingehalten werden. Konkret heisst das: Damit möglicherweise vorhandene Keime sich dort nicht verbreiten können, darf die mitgebrachte Dose nicht mit den Lebensmitteln hinter der Theke in Berührung kommen. Hygienisch korrekt stellt der Mitarbeiter zum Beispiel ein Tablett auf die Theke, auf dem ich dann meine Dose zum Befüllen platziere. Die Märkte entscheiden selbst, ob sie gegenüber solcher Praxis offen sind oder nicht. Je mehr Menschen fragen, umso offener dürften sie werden.

Unsere Kundinnen und Kunden können eigene Behälter mitbringen, um diese an den offenen (u.a. Müsli und Trockenfrüchte) sowie an den bedienten Theken (u.a. Fleisch und Käse) mit Esswaren ihrer Wahl zu füllen. Wichtig ist, dass die Behälter sauber sind. Aus Sicherheitsgründen dürfen keine bruchfähigen Behälter verwendet werden.

– Rebecca Veiga, Mediensprecherin bei Coop

Obst und Gemüse

Obst und Gemüse lassen sich im Supermarkt auch lose auf das Rollband legen. Alternativ können sie in Veggie Bags verstaut werden. Das sind waschbare und wiederverwendbare Obst- und Gemüsenetze, die im Supermarkt in der Obst- und Gemüseabteilung für wenig Geld angeboten werden.

Warum nicht hin und wieder selber pflücken und ernten gehen? Kinder finden das nicht nur richtig cool, sie lernen dabei auch, wie die Pflanzen aussehen und in welchem Monat sie Früchte tragen. Auf Höfen lassen sich nicht nur Erdbeeren pflücken. Die Seite www.mundraub.org zeigt, wo sich Orte zum wilden Selberpflücken finden. Aus Wildpflanzen können feine Familiengerichte werden.

Brot

Brot muss nicht in die Tüte. Wir nehmen eine der Baumwolltaschen, die wir zuhauf zu Hause haben. Der Bäcker reicht das Brot über die Theke und lässt es in den offenen Beutel fallen, ohne ihn zu berühren. In dem Beutel bleibt das Brot mehrere Tage frisch, ohne zu schimmeln. Hin und wieder kommt er mit in die Waschmaschine. Übrigens, mit der Familie zusammen Brot zu backen und verschiedene Sorten zu probieren, macht richtig Spass.

Brotbeläge

Toll, wenn Sie einen Händler gefunden haben, der Ihnen Käse und Wurst frisch über die Theke reicht. Aber es muss ja nicht immer Käse und Wurst sein. Frische selbstgemachte Brotbeläge sind gehaltreich und schmecken fein. Der Paprika-Frischkäse-Aufstrich ist bei uns der Renner.

Milchprodukte

Gleichgültig, ob es um Milch, Joghurt, Dickmilch oder Quark geht: Gläser mit Pfandsystem aus der Region sind am umweltverträglichsten. Zu finden sind sie am ehesten in Bioläden und Unverpacktläden. Übrigens, auch Joghurt lässt sich selber machen, wie Sie hier lesen.

Konserven

Wer Plastik sparen will, kauft am besten unverpackt. Und das geht am besten mit frischen Lebensmitteln. Manchmal aber braucht man einfach konservierte Nahrung. Dann ist die Ware aus dem Schraubglas eine gute Alternative. Denn Konservendosen sind innen häufig mit einer Kunststoffbeschichtung überzogen. Ausserdem kann das Schraubglas zu Hause sinnvolle Verwendung finden.

Ich bewahre in Schraubgläsern Nudeln, Haferflocken, Rosinen, Cornflakes und Reis auf. Kleinere Schraubgläser dienen im Sommer als Marmeladengläser. Schraubgläser sind sogar gut zum Einfrieren geeignet, wenn die Lebensmittel vor dem Einfrieren gut abkühlen und genug Luft im Glas bleibt. Mit einem Folienstift schreibe ich auf das Glas, was drin ist.

Backpapier

Backpapier ist harmloses Papier? Keineswegs. Backpapier ist antihaftbeschichtet, zum Beispiel mit Kunststoffsilikon. Ich finde, man braucht es nicht. Meine Mutter fettete das Blech und die Kuchenform gut ein und streute Paniermehl oder Semmelbrösel darüber.

Fazit

Plastikverpackungen bei Lebensmitteln haben wir erheblich reduziert, ich würde sagen zur guten Hälfte. Es bleibt also immer noch Kunststoffmüll übrig. Denn die Milchprodukte in Gläsern sind uns zu teuer und zu schwer. Und manchmal fehlt die Zeit und wir kaufen doch schnell im Laden nebenan ein – und da ist nun mal fast alles verpackt. Doch zum Glück sind wir keine Perfektionisten.

Viel wichtiger erscheint es uns, dass wir uns auf den Weg gemacht haben, weiter versuchen, noch mehr Müll zu sparen und mit anderen darüber sprechen. Denn Plastiksparen kann ansteckend sein.

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