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Krippe Zürich: Kita-Mobil als Vision der flexiblen Kinderbetreuung

«Wir haben hier Zeit zum Stehenbleiben und Staunen», erzählt Kita-Mobil-Erzieherin Isabel Schärli begeistert am Sandkasten. Das Kita-Mobil ist eine aussergewöhnliche Krippe in Zürich: Als Raum dient ein bunter Zirkuswagen, der im Garten des Pflegeheims Rehalp sein Lager aufgeschlagen hat.

Besondere Krippe Zürich: Die Kita Mobil im Zirkuswagen
Viel Zeit für Spiele in freier Natur. Im Kita-Mobil sind die Kinder täglich draussen.

«Es chrüchet Schneckli», singt die kleine Alma voller Begeisterung. Es ist neun Uhr: Zeit für das morgendliche Kreisli mit vielen Kinderliedern. Zusammen mit den anderen Kindern und den Betreuerinnen vom Kita-Mobilsitzt sie auf dem Boden eines gemütlichen Zirkuswagens.

Kita auf kleinstem Raum

Obwohl der Zirkuswagen, der als Kita-Haus dient, nur neun Meter lang und 2,5 Meter breit ist, ist auf diesem kleinem Raum alles Nötige untergebraucht. Fast wie in einer platzsparenden Musterwohnung lassen sich Tische und Regale einklappen, die kleine Küche kommt mit wenigen Quadratmetern aus. Der Esstisch verwandelt sich in eine Malwand und die wenigen Spielzeuge passen in eine schmale gelbe Holzbox. Leiter und Initiator Daniel Eggenberger verrät, dass das Team schnell gemerkt hat, welches Spielzeug hier essentiell ist: Bauklötze, Utensilien für die Spielküche und Bilderbücher reichen schon. Gut gelöst ist auch das Bettenproblem: Die Kinder schlafen in kleinen Kojen mit süssen Bullaugen. Mit seinen bunten Farben ist der Wagen ein Kindertraum, der einer Astrid Lindgren Geschichte entsprungen scheint.

Die Idee der fahrbaren Kita

Das Kita-Mobil bietet elf private Betreuungsplätze für Kinder von zwei bis fünf Jahren an. Darin enthalten sind ausserdem drei Plätze für Kinder ab 18 Monate. Momentan sind etwa fünf Kinder pro Tag im Zirkuswagen. Man tritt sich also nicht auf die Füsse, wie man im ersten Moment vermuten könnte. «Neulich hatten wir einen Elternabend im Wagen. Über 20 Leute waren hier und die Kinder haben auf dem Boden gespielt. Es war richtig gemütlich», lacht Daniel Eggenberger.

Die Idee für eine fahrbare Kita kam ihm schon vor 15 Jahren, als sehr dringend Kindertagesstätten in der Stadt Zürich gebraucht wurden. Das Problem damals war, geeignete und bezahlbare Räumlichkeiten zu finden. «Dabei gibt es ja viele Einrichtungen, die die passende Infrastruktur mit Gemeinschaftsräumen, Sanitäranlagen und Küchen haben», so Daniel Eggenberger. Er dachte hier an Alten- und Kinderheime, Schulhäuser, Gemeinschaftszentren oder Kirchgemeinden. Als Pädagoge und Erziehungswissenschaftler leitete er zwölf Jahre selbst Kindertagesstätten. Er investierte zusammen mit seiner Geschäftspartnerin Maria Pia Solèr ganz in sein Traumprojekt. Im Sommer 2012 konnte dann der erste Zirkuswagen als fester Standort im Garten des Pflegeheims Rehalp aufgestellt werden. Ein zweiter Wagen wurde in der Zwischenzeit auch schon gebaut. Für ihn sucht Daniel Eggenberger gerade einen Standort: «Wir hätten nie erwartet, dass es so schwer ist einen Standort zu finden. Das Problem ist, dass wir eine Baubewilligung brauchen.»

Krippe Zürich: Die farbenfrohe Kita-Mobil von aussen
Bunt strahlt das Kita-Mobil im Garten des Pflegeheims auf.

Mit dem Pflegeheim Rehalp klappt die Kooperation sehr gut. Die Kinder von Kita-Mobil benutzen die sanitären Einrichtungen im Haus, genauso wie einen Gruppenraum und die Cafeteria. Das Zmittag bekommen sie auch vom Heim, für Znüni und Zvieri sorgt die Kita mit ihren angebauten Nahrungsmitteln teilweise selbst. Denn sie darf den kleinen Gemüsegarten des Pflegeheims genauso nutzen, wie den gesamten Park und den nahegelegenen Wald. Bewusst versuchen Daniel Eggenberger und sein Team die älteren Menschen und die Kinder zusammenzubringen: ob bei einem kleinen Gespräch auf dem Gelände oder bei Aktionen wie gemeinsamem Zvieri oder Basteln an Weihnachten. Erst waren beide Seiten schüchtern, doch nun freuen sich die Heimbewohner über die Kinder. Manche kommen sogar gelegentlich in den Wagen, um einen Kaffee zu trinken. «Es geht uns darum die Lebensqualität der Menschen hier im Pflegeheim zu verbessern», sagt Daniel Eggenberger zu den Zielen des Projekts.

Von der Natur lernen und soziale Werte vermitteln

Täglich sind die Kinder mindestens vier Stunden draussen. Bei jedem Wetter. Eggenberger und sein Team wollen einen engen Bezug zur Natur herstellen: «Die Kinder sollen lernen, dass die Natur wertvoll ist. Toll ist das zum Beispiel beim Gemüsebeet: Hier können sie sehen, wie die Pflanzen wachsen», erklärt Daniel Eggenberger. Auch das Wasser für den kleinen Tank des Zirkuswagens muss erst aus dem Garten herbei geschafft werden. Gerne sitzen die Kinder auf der kleinen Holzterrasse oder spielen im Sandkasten. Erzieherin Isabel Schärli ist überzeugt von der Idee der Kita mit viel freiem Spiel in der Natur: «Gerade draussen lernen die Kinder gut, dass sie sich gegenseitig helfen müssen. Wenn wir in den Wald gehen, hilft ein Grösseres dem Kleineren zum Beispiel über eine Baumwurzel.» Sie stellt fest, dass die Kinder gerade weil das Spielzeug reduziert ist, viel Fantasie entwickeln und sich gut selbst beschäftigen können. Ausserdem bleibt im Kita-Mobil etwas mehr Zeit im Tagesablauf als in konventionellen Kitas. «Im Winter habe ich einmal im Wald mit einem Kind eine zugefrorene Pfütze mit einem Loch in der Mitte gesehen. Wir sind dort eine halbe Stunde geblieben und es entstand eine richtige Geschichte über eine kleine Hexe, die in dem Loch wohnt.»

Offene Spielnachmittage

Krippe Zürich: Im Inneren des Wagens ist es eng aber gemütlich
Im Inneren des Wagens findet alles auf kleinstem Raum Platz.

Auch kita-fremde Kinder bis sieben Jahre können einmal im Monat in das Kita-Mobil zu einem offenen Spielnachmittag kommen. Die Eltern geniessen in der Zwischenzeit einen Kaffee oder nutzen die Zeit für wichtige Besorgungen. Die Erzieherinnen denken sich hier Aktivitäten aus, so dass die Kinder leichter zusammenspielen können.

Für die Kinder ist der Zirkuswagen zuweilen eine grosse Bühne: Schnell ist das Seitenfenster in ein Kasperletheater verwandelt, das die Kinder unter einer Tanne sitzend geniessen. Der Standort im Grünen erfordert etwas mehr Logistik als bei einer normalen Kita, zum Beispiel wenn ein Kind auf die Toilette muss. Im Winter musste man der Kälte trotzen. Dennoch zieht Daniel Eggenberger nach neun Monaten Kita-Betrieb eine positive Bilanz: «Wir hätten nie gedacht, dass der betriebliche Alltag so reibungslos funktioniert und so viele gute zwischenmenschliche Erfahrungen ermöglicht.»

Text und Bilder: Michèle Graf.

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