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Wie aus Unsicherheit bei Kindern Stärke wird

Neue Lebensabschnitte wie zum Beispiel das neue Schuljahr oder der Start in die Kita bedeuten für Kinder oft eine Zeit der Unsicherheit. Wie wir Eltern sie stärken und unterstützen können, erklärt Familienberaterin Maya Risch.

Wenn wir Eltern unsere Kinder unterstützen, wird aus Unsicherheit Stärke.
Beim Übergang in einen neuen Lebensabschnitt suchen Kinder oft wieder vermehrt Nähe zu den Eltern. Foto: Lisa5201, iStock, Getty Images Plus

Jeder Übergang in einen neuen Lebensabschnitt, zum Beispiel der Start in die Kita, den Kindergarten oder in eine andere Schulstufe, bringt Veränderungen mit sich und stellt eine Herausforderung für die Kinder und für uns Eltern dar.

Aufregung, Unsicherheit und manchmal auch Angst gehören in solchen Situationen dazu. «Wie sehen die neuen KameradInnen wohl aus, wie reden sie? Wie wird es in der neuen Umgebung sein? Was wird gefordert? Schaffe ich das? Wo fährt der Bus?», fragte sich mein 13-jähriger Sohn am Abend vor Schulbeginn der neuen Schule.

Kinder suchen wieder Nähe und Halt

In Übergangszeiten und Anfangssituationen brauchen wir viel Sicherheit. Nur wenn wir uns sicher fühlen, können wir Neues lernen und entspannt abwarten, was auf uns zukommt. Kinder brauchen in Übergangszeiten besonders viel Sicherheit und suchen darum vorübergehend oft wieder mehr Nähe und Halt.

So kann es zum Beispiel vorkommen, dass Ihr Kind nachts wieder ins Elternbett kommt oder sich nur noch von Mami ins Bett bringen lässt. Das ist die Art des Kindes, sich in der neuen Situation zu regulieren und in Ordnung, es darf eine Weile so sein.

Wenn Kinder sich längere Zeit unsicher fühlen oder Ängste überwiegen, brauchen wir Eltern (und auch die Lehrpersonen) viel Empathie und Geduld beim Begleiten des Kindes, damit der neue Ort zu einem sicheren Ort werden und das Kind an den Herausforderungen wachsen kann. Diese Erfahrung habe ich jedenfalls gemacht.

Wie wir unsere Kinder stärken können

Wir Eltern können zwar in der neuen Umgebung nicht direkt für unser Kind anwesend sein. Dennoch können wir einiges dafür tun, damit das Kind mit einem guten Gefühl am neuen Ort sein und Vertrauen entwickeln kann.

Unsere innere Haltung zum Übergang unseres Kindes beeinflusst das Gefühl des Kindes meistens sehr. Sind Sie selber zuversichtlich und neugierig?

Sind Sie unsicher? Macht es Ihnen Mühe, Ihr Kind ein Stück mehr loszulassen? Haben Sie Angst, dass Ihr Kind die Situation nicht meistern wird? Erfahrungsgemäss kennen die meisten Eltern solche Zweifel.

Kindern fällt es leichter, sich auf die neue Situation einzulassen und sich schnell an die neuen Anforderungen und Menschen zu gewöhnen, wenn wir Eltern ihm vermitteln: «Ich traue Dir diesen Schritt zu und habe den Eindruck, Du bist dort gut aufgehoben.»

Was können Sie tun, wenn es Ihnen schwerfällt, dies dem Kind zu vermitteln?

Indem wir uns bewusst sind, wie unsere Erfahrungen und Ängste uns in dieser Situation beeinflussen, merken wir vielleicht, dass die fehlende Zuversicht mehr mit uns selber zu tun hat als mit dem Kind. Dies zu erkennen hilft uns dabei, dem Kind Vertrauen entgegen zu bringen.

In diesem Prozess sind Gespräche mit dem Partner, FreundInnen sehr hilfreich. Ebenso tun Achtsamkeitsübungen, Atemübungen oder Yoga sehr gut, um sich selber zu regulieren und gut für das Kind da sein zu können.

Natürlich gibt es auch ein paar ganz konkrete Dinge, die Sie für Ihr Kind und die Beziehung zu ihm tun können, damit ein Übergang gelingt.

12 Tipps für einen gelingenden Übergang

  • Freiraum und Zeit zur Erholung und für freies Spiel schaffen (zum Beispiel Wochenendprogramm vorübergehend reduzieren).
  • Präsent zuhören, wenn das Kind von seiner Welt erzählt.
  • Gefühle (Angst, Unsicherheit, und so weiter), die das Kind zeigt, annehmen. («Ich verstehe Dich, das ist unangenehm und es gehört dazu und ist in Ordnung. Bald wirst Du Dich eingewöhnen.»)
  • Da-Sein für das Kind, ohne zu reden (zum Beispiel nebeneinander lesen oder arbeiten, es eventuell massieren oder mit ihm kuscheln).
  • Das Kind in Ruhe lassen, wenn es nichts erzählt.
  • Mit dem Kind besprechen, wie der nächste Tag, die Woche abläuft (eventuell visualisieren mit einem altersgerechten Plan).
  • Mit dem Kind klären, wer wofür verantwortlich ist (wecken, anziehen, den Weg zurücklegen, Hausaufgaben machen).
  • Freundschaften ermöglichen (zum Beispiel Kinder einladen, von denen das Kind erzählt).
  • Austausch mit FreundInnen oder/und anderen Eltern suchen (eventuell in einer Elterngruppe).
  • Dem Kind von eigenen Unsicherheiten bei Übergängen erzählen und davon, was uns dabei geholfen hat.
  • Gelassen bleiben, wenn es Rückschritte gibt, diese gehören oft zur Entwicklung.
  • Reizbarkeit und Aggression nicht persönlich nehmen (diese sind oft ein Ausgleich zur Anpassung tagsüber).

Neugier, Mut, Geduld und Vertrauen

Für uns Eltern gibt es mit dem Übergang des Kindes vielleicht neue Freiräume zu entdecken. Dadurch wird es möglich, eigene Bedürfnisse wieder mehr wahrzunehmen und zu erfüllen und für die eigene Zufriedenheit zu sorgen.

Allen, die gerade selber eine Anfangssituation zu meistern haben oder ein Kind dabei begleiten, wünsche ich viel Neugier, Mut zu lernen, Geduld, Vertrauen und eine Portion Gelassenheit, damit die anfängliche Unsicherheit bald von Zuversicht und neuer Stärke abgelöst wird.

Beratung für Sie

  • Einzel- oder Paarberatung über Zoom oder Telefon kostet noch bis zum Ende der Coronakrise 60min/Fr. 100.- (statt Fr. 120.-), Beratung in der Praxis 120.- mit 90min Erstgespräch.
Erziehungsberaterin Maya Risch.

Praxis für Beziehungskompetenz

Die Familienberaterin, Familylab Seminarleiterin und Waldkindergärtnerin Maya Risch lebt mit ihren zwei Söhnen und ihrem Mann in Zürich-Oerlikon. In einer individuellen Eltern- bzw. Familienberatung oder in Gruppentreffen bietet sie Eltern die Möglichkeit, zu erfahren, wie sie mit Unsicherheiten, Wut und Konflikten umgehen können und zeigt neue Perspektiven im Umgang mit Stolpersteinen im Familienalltag auf. 

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