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Leihmutterschaft: Letzter Ausweg auf rechtlich unsicherem Boden

Ein Leben ohne Kinder ist für viele Menschen unvorstellbar. Wenn es nicht möglich ist, ein Kind selbst auszutragen, wird die Leihmutterschaft zum letzten Hoffnungsschimmer. Doch eine Leihmutter zu engagieren, ist in der Schweiz verboten.

Leihmutterschaft ist in der Schweiz verboten
Kann eine Frau nicht schwanger werden, denkt sie möglicherweise über eine Leihmutterschaft nach. Foto: Jupiterimages, PHOTOS.com, Thinkstock

Ich leide am MRKH (Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser)-Syndrom und habe eine verkümmerte Gebärmutter, deshalb bin ich bedauerlicherweise nicht in der Lage schwanger zu werden», schrieb eine Leserin im Schwangerschaftsforum-Forum von Familienleben, um nach Erfahrungsberichten anderer Mütter mit Leihmüttern zu fragen. Wenn es wie in diesem Fall nicht möglich ist, ein Kind selbst auszutragen, könnte eine Leihmutterschaft der Ausweg sein. In der Schweiz ist das jedoch illegal.

Eine Leihmutter ist «eine Frau, die bereit ist, durch ein Fortpflanzungsverfahren ein Kind zu empfangen, es auszutragen und nach der Geburt Dritten auf Dauer zu überlassen.» So heisst es im Fortpflanzungsmedizingesetz (1. Kapitel/Artikel 2).

In der Schweiz unzulässig

«Alle Arten von Leihmutterschaft sind unzulässig», so die Bundesverfassung (Art. 119 Abs. 2 Best. d BV). Das Bundesgesetz über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung (FMedG) unterstreicht in Artikel 31 dieses Verbot. Und laut Artikel 252 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches ist die Mutter eines Kindes die Frau, die das Kind geboren hat.

Hunderte Mütter umgehen das Leihmutter-Verbot

Das Verbot der Leihmutterschaft zu umgehen, erscheint manchen Paaren als letzter Weg, ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Möglich machen das Leihmutter-Agenturen in Ländern, in denen die Leihmutterschaft erlaubt ist. Mit einer dieser Leihmutteragenturen schliessen sie einen sehr umfangreichen Vertrag ab. Rechtlicher Beistand durch einen Anwalt ist dabei unbedingt erforderlich. Ist der Vertrag geschlossen, gilt es, Eizellen der Wunschmutter oder eine Eizellenspende zu befruchten – mit den Samen des Partners oder mit einer anonymen Samenspende. Im Ausland werden die befruchteten Eizellen der Leihmutter im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation eingesetzt. Genaue Zahlen, wie viele Paare in der Schweiz diesen Weg bislang gegangen sind, gibt es nicht. «Laut einem Bundesratsbericht sind den Behörden etwa zehn Fälle bekannt, Experten gehen von Hunderten Paaren aus», berichtete der Tagesanzeiger. Schätzungen des Chefarztes der Reproduktionsmedizin am Universitätsspital Basel, Christian De Geyter, zufolge erfüllen sich jährlich bis zu 20 Paare ihren Kinderwunsch mithilfe einer Leihmutter.

Der finanzielle Aspekt

Sich den Kinderwunsch mit Hilfe einer Leihmutter zu erfüllen, kostet viel Geld. «Das ist sehr teuer», sagte Christian De Geyter dem Schweizer Radio und Fernsehen SRF. Im Schnitt koste eine Leihmutterschaft zwischen 50.000 und 100.000 Franken – allfällige Anwaltskosten für die Anerkennung des Kindes noch nicht eingerechnet. Der Tagesanzeiger berichtete von variierenden Preisen. «In Indien müssen Paare mit etwa 23.000 Franken rechnen, in der Ukraine mit 36.000 und in den USA mit 50.000 bis 120.000 Franken.»

Ethisch schwierig

Leihmutterschaft hat einen schlechten Beigeschmack. Denn oft lassen sich Frauen aus Armut darauf ein, Leihmutter zu werden. Leihmutterschaft ist ein grosses Geschäft. «In Indien werden laut dem nationalen Industrieverband mit Leihmutterschaften jedes Jahr über zwei Milliarden Franken umgesetzt. Auch in der Ukraine, Georgien und 18 US-Bundesstaaten ist die Leihmutterschaft legal», berichtete der Tagesanzeiger. Man spreche von «Reproduktionstourismus». Dafür gehen Leihmütter gravierende gesundheitliche Risiken ein. «Eine Hormonstimulation kann körperlich und seelisch sehr belastend sein und zu einem Überstimulationssyndrom führen», darauf weist die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) hin. « Der Eingriff bei der Eizell-Entnahme ist mit Narkose- und Thromboserisiken verbunden. Es besteht ausserdem die Gefahr von Gewebeverletzungen.»

Schweiz in der Zwickmühle

Paare, die sich mit Hilfe einer Leihmutter ihren Kinderwunsch erfüllen wollen, befinden sich auf rechtlich sehr schwierigem Terrain. Denn in fast allen Ländern gelten zunächst die Leihmütter als juristische Mütter der Kinder. Diese wollen manchmal Vereinbarungen, die vor der Geburt geschlossen wurden, nach der Geburt nicht einhalten, weil eine emotionale Bindung zum Kind entstanden ist. Darüber hinaus ist unklar, ob die Schweiz die Kinder als Kinder der Wunscheltern grundsätzlich anerkennt – oder nicht. Für eine Anerkennung sprechen die Rechte der Kinder. Gegen eine Anerkennung spricht, dass die Schweiz nicht Menschen belohnen will, die das Schweizer Leihmutterschaftsverbot mit Hilfe des Auslands umgehen. Wunscheltern befinden sich damit in einer rechtlich unsicheren Situation, mit der sich immer wieder Gerichte auseinander setzen müssen.

Adoption als Ausweg

«Stellt sich heraus, dass ein Kind im Ausland von einer Leihmutter geboren wurde, verweigern die Schweizer Behörden den Paaren in der Regel die Einreise in die Schweiz sowie die rechtliche Anerkennung der Elternschaft», erklärt das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). Diese haben dann den Status von Pflegeeltern – das Kind bekommt einen Beistand.» Falls der Vater der genetische Vater ist, kann er durch Anerkennung der Vaterschaft das Kindesverhältnis klären. Ohne genetische Verbindung zum Kind bleibt dem Vater nur die Adoption. Die Mutter muss das Kind ebenfalls adoptieren – als Stiefkind -, sogar dann, wenn sie die genetische Mutter ist. Besonders schwer haben es gleichgeschlechtliche Paare. Ihnen sind laut Artikel 28 des Partnerschaftsgesetzes Adoption und Stiefkindsadoption verboten.

Rechtliche Situation in anderen Ländern

Auch die meisten anderen europäischen Länder verbieten die Leihmutterschaft. «Einige erlauben sie unter bestimmten, einschränkenden Bedingungen (zum Beispiel die Niederlande oder Grossbritannien) und lassen die nicht-kommerzielle, uneigennützige Leihmutterschaft zu», erklärt das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR). «In einigen Ländern wird sie ohne entsprechende Regelung toleriert (zum Beispiel Belgien oder Polen) und in weiteren Ländern (zum Beispiel Russland oder Ukraine) wird sie durch eigentliche Leihmutterschaftsfirmen legal betrieben.» Erlaubt sei kommerzielle Leihmutterschaft explizit in verschiedenen Mitgliedstaaten der USA.

Blick in die Zukunft

Dem Schweizerischen Komitee für Menschenrechte liegen besonders die Kinderrechte am Herzen. Es ist der Meinung, ein Eingriff in das bestehende Familienleben zwischen den Wunscheltern und dem von einer Leihmutter geborenen Kind dürfe nur mit der Gefährdung des Kindes begründet werden. Tatsächlich gibt es Anzeichen dafür, dass Kinder von ausländischen Leihmüttern in Zukunft leichter anerkannt werden. «Das Eidgenössische Amt für das Zivilstandwesen schreibt in einem Bericht, die aktuelle Entwicklung sei wohl nicht mehr aufzuhalten», berichtete das SRF. Es müsse deshalb davon ausgegangen werden, dass ein solches Baby «in nicht allzu ferner Zukunft anerkannt werden wird, ohne Umweg über die Vaterschaftsanerkennung oder die Adoption». Auch die nationale Ethikkommission sei kürzlich zum Schluss gekommen, Leihmutterschaften seien aus ethischer Sicht nicht grundsätzlich verwerflich.

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