Zum Tag der Kinderrechte: Das fordern die Kinder in der Schweiz
Am 20. November ist Tag der Kinderrechte. Auch die Schweiz hat die Kinderrechtskonvention unterschrieben. Und auch wenn man anderes erwarten würde: Es gibt viel Nachholbedarf. UNICEF Schweiz hat darum dieses Jahr Kinder gefragt, was sie den Erwachsenen schon immer mal sagen wollten. Daraus sind vier Forderungen an die Politik entstanden. Wir zeigen Ihnen, was unsere Kinder wollen!
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UNICEF Schweiz und Liechtenstein hat anlässlich des diesjährigen Kinderrechtstags die Aktion #meinemeinung ins Leben gerufen. Die Organisation will damit den Artikel 12, das Recht auf Achtung vor der Meinung, in en Fokus rücken. Kinder und Jugendliche erhielten die Möglichkeit, mittels einer Sprechblase ihre eigenen Meinungen, Anliegen, Gedanken und Wünsche schriftlich oder gestalterisch zum Ausdruck zu bringen.
Bilder: UNICEF
von Bettina Junker, Geschäftsleiterin UNICEF Schweiz und Liechtenstein
Am 20. November steht der Kinderrechtstag vor der Tür. An diesem Tag erheben die Kinder weltweit ihre Stimmen, machen auf ihre Anliegen und Bedürfnisse aufmerksam und manifestieren damit die Bedeutung der Kinderrechte.
Der Kinderrechtstag ist ein jährlicher globaler Moment für Kinder, von Kindern. Natürlich auch für die Kinder in der Schweiz! Vor 31 Jahren, am 20. November 1989, wurde das Übereinkommen über die Rechte des Kindes, kurz UN-Kinderrechtskonvention (KRK), von der UN-Generalversammlung angenommen. Die Schweiz hat die KRK im Jahr 1997 ratifiziert. Die Vertragsstaaten der Konvention verpflichten sich dazu, Schutz, Förderung und Beteiligung der Kinder zu gewährleisten und sich so aktiv für das Wohlergehen und die Entwicklung der Kinder einzusetzen. Gemäss der Kinderrechtskonvention ist das Kind als eigenständiges Rechtssubjekt mit eigenen Rechten zu verstehen.
Kinder haben das Recht auf Mitbestimmung
Unter anderem haben Kinder das Recht, dass ihre Meinung und ihr Wille gehört und ihre Anliegen und Bedürfnisse adäquat berücksichtigt werden. Beim sogenannten Recht auf Partizipation geht es um gemeinsames Handeln, Planen und Mitentscheiden im Alltag, also dort, wo ihr unmittelbares Lebensumfeld tangiert ist. Kinder und Jugendliche sollen selbst mitbestimmen können, etwa bei der Gestaltung ihrer Lebensräume. Und sie sollen selbst bestimmen können, zum Beispiel durch Teilnahme in einem Jugendparlament.
Sie sollen von den Erwachsenen gehört und von Letzteren darin unterstützt werden, sich selbst zu erfahren und sich auszudrücken. Kinder und Jugendliche haben das Recht auf eine eigene Meinung.
Kinder fühlen sich nicht ernst genommen
Trotz dieser übergesetzlichen Verankerung der Kinderrechte finden die Kinder und Jugendliche in der Schweiz und in Liechtenstein noch immer zu wenig Gehör, insbesondere im Hinblick auf Partizipation. Eine kürzlich veröffentlichte Studie des UNICEF Forschungsinstituts Innocenti in Florenz zeigt auf, dass für die meisten Kinder die Möglichkeit zur Partizipation am gesellschaftlichen Geschehen einen höheren Stellenwert in ihrem Leben hat als zum Beispiel die Zeit, die sie zum Gamen oder Surfen im Internet nutzen können. Die neuste Studie von UNICEF Schweiz und Liechtenstein verdeutlicht zudem, dass sich vor allem Jugendliche nicht gehört fühlen – weder in der Schule noch in der Gemeinde. Gerade in Krisenzeiten ist es umso wichtiger, dass Kinder ihre Wünsche, Ideen, Bedenken und Ängste mitteilen können.
Erwachsene sollen Kindern zuhören und ihre Anliegen ernst nehmen. Dies bedeutet, dass den Kindern die Möglichkeit gegeben werden muss, sich zu beteiligen und zu engagieren. Nur so können ihre Selbstbestimmung und Autonomie gefördert werden – was zentral ist für eine gesunde Entwicklung eines jeden Menschen.
In Anbetracht dieser Resultate hat UNICEF Schweiz und Liechtenstein anlässlich des diesjährigen Kinderrechtstags die Aktion #meinemeinung ins Leben gerufen und einen besonderen Fokus auf Artikel 12, das Recht auf Achtung vor der Meinung, gelegt. Kinder und Jugendliche erhielten die Möglichkeit, mittels einer Sprechblase ihre eigenen Meinungen, Anliegen, Gedanken und Wünsche schriftlich oder gestalterisch zum Ausdruck zu bringen. Unter dem Motto «Was wolltest du den Erwachsenen schon immer einmal sagen» wurden mehrere Hundert ausgefüllte Sprechblasen von Kindern aus der Schweiz und Liechtenstein eingereicht.
Kinder wünschen sich mehr Mitsprache und Schutz
UNICEF hat infolge die Ergebnisse evaluiert und entsprechende Forderungen daraus formuliert. Die Anliegen und Themen der Kinder sind unterschiedlich und doch vergleichbar, amüsant wie auch tiefsinnig, ganzheitlich und differenziert. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass insbesondere der Wunsch nach mehr Gleichberechtigung, Mitsprache, Schutz und einer sauberen Umwelt als zentrale Anliegen der Kinder zum Ausdruck kommt.
Viele dieser Wünsche und Bedürfnisse können mittels struktureller Veränderung und politischer Massnahmen gesamtheitlich und für jedes Kind zur Verbesserung führen. Darum ist es wichtig, dass die Stimmen der Kinder auch an politische Entscheidungsträger herangetragen werden. UNICEF Schweiz und Liechtenstein hat deshalb alle eingereichten Sprechblasen zu einem Album zusammengebunden. Das Album wird am Kinderrechtstag, am 20. November, zwei Vertretern der beiden Parlamentskammern übergeben.
Diese vier Forderungen haben Kinder an die Politik
Mit der Überreichung dieses Albums sollen die Stimmen der Kinder symbolisch an diejenigen Personen herangetragen werden, die sich kraft ihres Amtes für Kinder und Jugendliche einsetzen und ihre Anliegen repräsentativ vertreten. Der Essenz der gesammelten Sprechblasen-Aktion #meinemeinung hat UNICEF folgende vier Forderungen abgeleitet:
1 Die Beseitigung individueller wie auch struktureller Diskriminierung ist voranzutreiben; dabei gilt es insbesondere die vulnerablen Bevölkerungsgruppen wie Flüchtlingskinder und armutsbetroffene Kinder verstärkt zu beachten.
2 Den Kindern ist regelmässig eine Plattform zu bieten, damit sie ihre Anliegen auf allen drei Staatsebenen sichtbar machen und sich verstärkt darum bemühen können, dass alle Kinder an allen sie betreffenden Planungs-, Entscheidungs- und Umsetzungsprozessen teilhaben können.
3 Im Zivilgesetzbuch (ZGB) ist eine eindeutige Gesetzgebung zu erlassen, die Gewalt in der Erziehung ausdrücklich verbietet; ebenso gilt es einen nationalen Aktionsplan zu erarbeiten, um jede Form von Gewalt bis zum Jahr 2030 zu beenden – ganz im Sinne der Agenda 2030 für die Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs).
4 Kinder sind bei der Ausarbeitung von Strategien und Massnahmenplänen im Bereich Klima und Umwelt einzubeziehen; zudem gilt es die Reduktion von Treibhausgasemissionen und Umweltverschmutzung voranzutreiben.
Weitere Informationen zur Sprechblasen-Aktion #meinemeinung sowie zu allgemein Kinderrechten und zum Kinderrechtstag finden sich unter diesem Link.