Selbstvertrauen stärken: Eltern loben oft falsch
«Du bist aber ein toller Künstler» oder «Das hast du aber schön gemalt». Beide Ausdrücke sind Beispiele für ein schönes Elternlob auf ein Kinderbild. Doch eine internationale Studie zeigt jetzt, dass gerade bei Kindern mit geringem Selbstwertgefühl nur das zweite Lob das Selbstvertrauen stärken kann.
Laut einer neue Studie, die ein internationales Forscherteam gemäss einem Bericht von «welt.de» nun im «Journal of Experimental Psychology» veröffentlicht hat, kann ein falsches Lob auf Dauer das Selbstvertrauen nicht stärken, sondern schwächen. Die Forscher um Eddie Brummelmann von der Utrecht Universität in den Niederlanden fanden mit ihren Experimenten heraus, dass Erwachsene ihre Kinder oft intuitiv falsch loben.
Um den Zusammenhang von Lob und Selbstvertrauen genauer zu untersuchen, führten die Forscher mit 357 Erwachsenen ein Experiment durch. Dabei sollten sie verschiedenen Kindern Rückmeldung für ihre Aktivitäten geben. Von sechs Kindern waren drei sehr selbstbewusst und drei hatten ein geringes Selbstwertgefühl. Heraus kam, dass die Versuchspersonen bei Kindern mit niedrigem Selbstvertrauen mehr als doppelt so häufig Aspekte der Persönlichkeit des Kindes lobten, wie bei Kindern mit hohem Selbstwertgefühl. Die Studie zeigte auch, dass Erwachsene bei den Kindern mit gutem Selbstvertrauen häufiger die Bemühungen loben. Diese Kinder können dann auch besser mit Rückschlägen umgehen. «Erwachsene mögen denken, dass es hilft, das geringe Selbstwertgefühl der Kinder dadurch zu bekämpfen dass man Talente oder Fähigkeiten lobt. Aber das vermittelt Kindern, dass sie nur dann wertgeschätzt werden, wenn sie erfolgreich sind und das ständig beweisen», meint Brummelmann. «Wenn die Kinder dann einmal scheitern, fühlen sie sich wertlos – das macht sie emotional sehr verwundbar.»
Im zweiten Versuch untermauerten die Forscher diese Thesen: Hier machten 313 Kinder zwischen acht und 13 Jahren zuerst einen Test zum Selbstvertrauen und danach ein Reaktionsspiel. Wer gewinnt und wer verliert, wählte der Computer willkürlich aus. Nach der ersten Runde, die der Computer für alle als unentschieden ausgab, wurden die Kinder gelobt: Manche für ihre Bemühungen nach der Formel «Das hast du toll gemacht», andere für ihre Eigenschaften «Du bist toll» und eine letzte Gruppe bekam kein Lob. In der zweiten Runde gewannen oder verloren die Kinder. Messbar am schlechtesten fühlten sich nach dem Spiel die Kinder mit geringem Selbstvertrauen und dem Lob «Du bist toll». Kinder, die zwar verloren, aber für ihren Einsatz gelobt wurden, konnten mit dem Rückschlag besser umgehen. Sie lernten, dass sie sich mehr anstrengen müssen.
Selbstvertrauen stärken durch die richtige Art zu loben
Die Ergebnisse der Studie zeigen also, dass das Selbstwertgefühl nicht durch Lob von Fähigkeiten und Talenten gesteigert werden kann, wie Eltern oft fälschlicherweise glauben. Habe das Kind ein geringes Selbstwertgefühl, dann führe ein Lob nach der Formel wie «Du bist aber ein toller Künstler» schnell zu grossem Schamgefühl, wenn etwas mal nicht klappt, so Brummelmann. Kinder werteten das als Versagen. Man hilft Kindern mit wenig Selbstvertrauen mehr, wenn man sie für ihre Taten und ihr Verhalten lobt. Wie etwas nach dem Muster: «Das hast du aber schön gemalt.» Zusammengefasst zeigt die Studie, dass, um das Selbstvertrauen zu stärken, es sinnvoller ist Kinder für ihre Bemühungen zu loben, anstatt das Lob auf die Erfolge zu beziehen.
Autor: Michèle Graf am 3. April 2013.