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Bereit für die Zukunft: Kinder zu Vertrauen und Selbstständigkeit erziehen

In der Kindheit soll sich das Ur- zum Selbstvertrauen entwickeln. Nur so, kann Ihr Kind zukünftige Herausforderungen meistern. Wie Sie Ihrem Kind Wurzeln und Flügel verpassen, verrät Erziehungsberaterin Sarah Renold.

Zwei  Buben auf dem Spielplatz
Selbständig werden ist für das Kind wichtig. Auch wenn es den Eltern manchmal Angst und Bang wird. Foto: Digital Vision, Photo and Co, Thinkstock

Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.» Was Goethe dazumal wusste, ist auch heute noch aktuell. Kinder müssen als Fundament für eine gesunde Entwicklung ein Urvertrauen, also Wurzeln, entwickeln. Auf diese Weise gelangen sie zu einem gesunden Selbstvertrauen. Und wer ein solches hat, kann zu gegebener Zeit flügge werden. Gesagt, getan? Wenn das bloss so einfach wäre! Zwischen den Wurzeln und den Flügeln liegen nämlich etliche Jahre der sorgsamen Begleitung und Förderung.

So fördern Sie das Vertrauen Ihres

1 Loben, loben, loben! «Toll, Jonas, dass du es gleich nochmal versucht hast!», oder «Danke, Laura, dass du den Tisch so schön gedeckt hast!» Lob lässt Kinder buchstäblich grösser werden. Geben Sie Belohnungen für Dinge, bei denen Ihr Kind sich grosse Mühe geben muss.

2 Reden Sie bei jeder Gelegenheit mit Ihrem Kind: Beim Spielen, Anziehen, Einkaufen. Antworten Sie auf Warumfragen mit einer Gegenfrage: «Was denkst denn du, wo die Sonne in der Nacht ist?». Das zeigt Interesse an seiner Sicht der Dinge. Ihr Kind fühlt sich ernst genommen.

3 Beziehen Sie Ihr Kind in alle Arbeiten im und ums Haus ein. Erteilen Sie kleine Aufgaben, aber immer nur eine aufs Mal. Mit der Zeit darfs auch ein festes Ämtli sein: Katzen füttern, Tisch decken, Salatsauce zubereiten.

4 Ermutigen Sie Ihr Kind zur Selbstständigkeit: Im Laden selber um einen Ballon bitten oder seine Glace bezahlen. Geht noch nicht? Kein Problem: Machen Sie es diesmal noch gemeinsam.

5 Hängen Sie Zeichnungen, Basteleien und andere Werke Ihres Kindes auf: im Wohnzimmer, beim Eingang oder auch im Gäste-WC – das macht stolz.

6 Heben Sie die guten Eigenschaften Ihres Kindes hervor. Wenn Ihr Kind ständig Schlechtes über sich hört, fühlt es sich bald als ganze Person ungeliebt. Vorsicht bei Telefonaten: Kinder hören mit.

Von den Wurzeln…

Das Urvertrauen entwickelt sich vom ersten Tag an. Dann nämlich, wenn die Grundbedürfnisse Ihres Kindes versorgt werden. Urvertrauen entsteht vor allem durch die Gewissheit, dass Mama und Papa immer dann da sind, wenn das Kind sie braucht. Diese förderliche Grundhaltung zieht sich übrigens durch die gesamte Kindheit und Jugend hindurch!

Damit aus dem Urvertrauen ein gesundes Selbstvertrauen entsteht, muss das kleine Kind in der Trotzphase lernen, mit den eigenen wie auch den von aussen gesetzten Grenzen umzugehen. Die Kleinen stellen fest, dass ihnen nicht alles gelingt und dass Mama und Papa «Nein» sagen – so ein Frust! Wutgebrüll und Tränen sind an der Tagesordnung. Sie können jedoch Ihr Kind schon jetzt darin unterstützen, selbstständiger zu werden und nicht immer gleich aus der Fassung zu geraten. Haben Sie Vertrauen in Ihr Kind und trauen Sie ihm etwas zu. Das ist nämlich die Basis dafür, dass es auch Vertrauen in sich selbst aufbauen kann.

Zu den Flügeln…

Ihr Kind kommt in den Kindergarten – der Ablösungsprozess von Zuhause hat nun definitiv begonnen. Am leichtesten merken Sie dies bei Schimpfworten, beim Lügen und Stehlen. Seien Sie nicht zu sehr besorgt: Dies ist typisch in dieser Altersgruppe. Kinder ahmen alles nach, was andere tun. Sie erweitern die eigenen Grenzen und merken jetzt, dass man andere bewusst täuschen kann. Es ist wichtig, dass Eltern die Gründe für dieses Verhalten kennen. Genauso wichtig ist es aber, möglichst rasch und bestimmt darauf zu reagieren.

Kommt Ihr Kind in die Schule, gehören Hausaufgaben und ein volles Freizeitprogramm zur Tagesordnung. Lassen Sie Ihrem Kind die Möglichkeit, seine eigenen Erfahrungen zu machen. Dann etwa, wenn es seine Hausaufgaben schludrig macht. Die Konfrontation mit der Lehrperson kann eine wichtige Erfahrung sein. Achten Sie darauf, dass Ihr Kind nicht ständig unter Stress steht – 1 bis 2 fixe Freizeitaktivitäten, etwa Sport und Musikunterricht, sind genug.

Der Medienkonsum sollte nicht mehr als 1 Stunde täglich dauern. Halten Sie sich an folgende Regel: Sie als Eltern bestimmen, was, wann und wie lange Ihr Kind am Bildschirm konsumiert. Übrigens: Ab und zu ein bisschen Langeweile ist gesund!

Wie Sie Kinder mitbestimmen lassen

Lassen Sie Ihr Kind eine wichtige Rolle im Familienleben einnehmen. Dazu gehört, dass es bei Entscheidungen mitbestimmen darf. So wird sein Engagement grösser, auch etwas zum Familienwohl beizusteuern.

Für eine positive Eltern- Kind-Beziehung sind folgende Punkte förderlich:

1 Zeigen Sie ein echtes Interesse an seiner Welt:
Was machst du? Warum gefällt dir das? Wen magst du? Hören Sie gut zu, fragen Sie nach und teilen Sie auch Ihre Meinung mit.

2 Unterstützen Sie es beim Probleme lösen:
Bieten Sie Ihre Hilfe an, finden Sie gemeinsam nach Lösungen, ermutigen Sie Ihr Kind zur Selbstständigkeit.

3 Treffen Sie verbindliche Abmachungen:
Halten Sie (schriftlich) fest, welche Regeln wofür gelten und welche Konsequenzen bei Nichteinhaltung folgen.

Blick in die Zukunft

Bald schon beginnt die Pubertät, die zweite Trotzphase. Noch einmal geht es darum, die eigenen Grenzen auszuloten und zu erweitern. Die Pubertät kann hohe Wellen schlagen, oder auch ganz ruhig dahinplätschern. Bleiben Sie in jedem Fall an Ihrem Kind dran, halten Sie die Beziehung zu ihm aufrecht und lassen Sie zugleich langsam los. Machen Sie Ihrem Kind Folgendes klar: Mehr Freiheiten bedeuten auch mehr Pflichten. Auf dass es seine Flügel ausbreite und fliegen lerne.

Text: Sarah Renold

Zur Autorin

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Sarah Renold ist pädagogische Psychologin. Sie arbeitet als selbständige Erziehungsberaterin und Coach von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Sie ist Mitglied des Beobachter Erziehungsberatungs- Teams. Sarah Renold ist verheiratet und hat zwei Kinder. www.sarahrenold.ch

 

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