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Mehr Hilfe für Alleinerziehende

Die Thematik der Grenzen ist bei Alleinerziehenden allgegenwärtig. Schon finanziell und zeitlich sind sie oft sehr eingeschränkt, spüren die Grenzen und das spüren die Kinder. Wie Sie Entlastung finden, erfahren Sie hier.

Alleinerziehende haben oft nur wenig Zeit mit ihren Kindern
Alleinerziehende plagen oft Schuldgefühle, weil sie zu wenig Zeit für ihre Kinder haben. Foto: iStock, Thinkstock

Als Fachfrau und Mitglied des SVAMV-Zentralvorstands kennt sich Monique Gerber mit den Grenzen im Leben von Einelternfamilien aus. Im Interview mit der Zeitschrift EinElternForum erklärt sie, wie Alleinerziehende sich gegen Einschränkungen wehren können.

EinElternForum: Auf welche Grenzen stossen Alleinerziehende in ihrem persönlichen Leben?

Monique Gerber: Abgesehen vom Finanziellen stossen Alleinerziehende auch bei der Bewältigung des täglichen Lebens immer an Grenzen. Alleinerziehende haben oft mehr als nur vier Arme und machen vieles gleichzeitig. Sie müssen Kinderbetreuung und Beruf unter einen Hut bringen. Es ist nicht noch ein Partner da, der einen Part übernimmt, sie müssen alles alleine planen und organisieren. Sehr viele Alleinerziehende plagen sich dabei noch mit Schuldgefühlen. Werde ich meinen Kindern gerecht, habe ich genügend Zeit für sie usw. Schuldgefühle sind sehr belastend, aber bringen niemandem etwas. Viele Alleinerziehende funktionieren, indem sie nicht denken, sondern einfach machen. Irgendwann werden sie sich aber bewusst, dass es ihnen dabei schlecht geht. Dann müssen sie erst lernen, sich zu spüren und damit auch erkennen, wo ihre Grenzen sind. Sie sollten wissen, wo sie die Grenzen setzen müssen, damit sie sich erholen können.

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Mehr zum Thema Alleinerziehende gibt es unter www.einelternfamilie.ch

Wie können Alleinerziehende diese Grenzen überwinden und ausweiten?

Die Grenzen erweitern heisst für Alleinerziehende in erster Linie herauszufinden, was die eigenen Bedürfnisse sind. Wie es möglich ist, Freiräume im alltäglichen Strudel zu schaffen, damit es ihnen besser geht und sie sich wohler fühlen. Geht es Alleinerziehenden besser, geht es auch ihren Kindern besser. Das Bewusstsein zu erhalten, nicht nur funktionieren müssen, sondern auch das Recht haben, sich etwas zu gönnen, ist der erste und wichtigste Schritt, um überhaupt auf längere Zeit funktionieren zu können. Wenn man sich das bewusst wird und sich die Zeit nimmt, beispielsweise für ein ungestörtes Bad mit Kerzenlicht und schöner Musik, dann spürt man sich und erfährt Erholung, weil man etwas für sich und sich zuliebe tut. Grenzen ausweiten heisst auf keinen Fall, noch mehr in der gleichen Zeit zu erledigen. Es heisst sich ihrer bewusst zu werden, sie wahrzunehmen, sich abzugrenzen, neue Wege und Möglichkeiten anzuschauen, neue Perspektiven zu gewinnen mit dem Ziel, dass die eigene Lebensqualität – und infolge dessen auch die der Kinder - verbessert wird.

Wie steht es mit dem beruflichen Feld?

Auch im Hinblick auf ihre berufliche Entwicklung stossen Alleinerziehende an zeitliche und finanzielle Grenzen. Um einen Wiedereinstieg oder eine Weiterbildung in Angriff zu nehmen, braucht es Beratung von Fachleuten, die einem helfen, machbare Wege auf die einzelne Lebenssituation bezogen aufzuzeigen. Grenzen erweitern heisst da, sich frühzeitig damit zu beschäftigen, was man beruflich tun will, wo man Unterstützung findet in Bezug auf Finanzen oder Entlastung. Oft nehmen Frauen einfach einen Job an und gehen nebst dem ganzen übrigen Stress noch pflichtbewusst arbeiten, auch wenn ihnen die Arbeit keine Befriedigung bringt. Zufriedenheit im Job ist wichtig und kann sich positiv auf andere Bereiche auswirken. Wenn man ein klares berufliches Ziel vor Augen hat und dieses in kleinen Schritten umsetzt, fällt es auch leichter, für eine gewisse Zeit einen weniger befriedigenden Job zu machen.

Welche Rolle spielt der Vater der Kinder?

Nach einer Trennung ist der Kontakt zum Ex-Partner oft schwierig oder gar unmöglich, manchmal über Jahre hinweg. Wenn man es fertigbringt, einen anständigen Umgang im Interesse der Kinder zu finden, weitet man seine Grenzen auch aus. Das braucht aber seine Zeit. Es ist ein Entwicklungsprozess, an dem beide teilhaben. Ein Gespräch ohne Wut und in Ruhe kann helfen, dass der Ex-Partner einen mehr unterstützt, sei es die Betreuung der Kinder betreffend oder auch finanziell.

Wo treffen juristische Begrenzungen Einelternfamilien, und was muss dagegen getan werden?

Die massive Armut dieser Frauen und Kinder muss mit gesamtschweizerischen Standards bei Alimentenbevorschussung und -inkassohilfe bekämpft werden. Das Recht des Kindes auf Unterhalt muss durchgesetzt werden. Erhöhen Alleinerziehende ihr Einkommen, werden Alimentenbevorschussung, Mietzinszuschüsse, Krankenkassenbeiträge gekürzt oder gestrichen, und die Kinderbetreuungskosten steigen. Dies verunmöglicht den Familien und Kindern, aus der Armutsfalle heraus zu kommen.

Interview: Christine Reber

Quelle: Das Interview in Langfassung erschien in EinElternForum 1/2010, herausgegeben von: Schweizerischer Verband alleinerziehender Mütter und Väter SVAMV, Caritas Bern, Reformierte Kirchen Bern-Jura-Solothurn, Verein frabina Beratungsstelle für Frauen und binationale Paare. www.einelternforum.ch

 

Kurzferien für Einelternfamilien

Reka und der Verein EinElternForum bieten gemeinsam Kurzferien mit einem zweitägigen Bildungsprogramm für Mütter und Kinder von 6 bis 12 Jahren auf dem Hasliberg an. Das Angebot richtet sich insbesondere an Frauen mit kleinen Budgets und wird von der Trägerschaft subventioniert.
 
«Chili con Carne» Kurzferien und Bildung für Einelternfamilien
29.9.-4.10.2014 CVJM Kurs- und Ferienzentrum Hasliberg
 
Mehr unter www.reka.ch

 

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