Unerfüllter Kinderwunsch: Wenn das nächste Kind auf sich warten lässt
Paare mit unerfülltem Kinderwunsch sind nicht immer nur Paare, die gar keine Kinder haben. Wenn es mit einer zweiten Schwangerschaft nicht klappen will, kann dies ebenso stressig und traurig sein. So wie bei Stefanie und Daniel. Hier erzählen sie ihre Geschichte.
Es ist ein Beginn, wie bei vielen anderen Paaren auch. Stefanie und Daniel lernen sich beim gemeinsamen Studium kennen. Die grosse Hochzeit folgt nach ein paar Jahren. In ihren ersten Ehejahren machen sie beide Karriere, geniessen das Leben, jedes Jahr gibt es mindestens eine grössere Auslandsreise. Mit Anfang 30 finden sie beide, dass es nun Zeit für eine Familie sei. Stefanie setzt die Pille ab und ein paar Monate später hält sie einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand.
«Damals haben wir uns überhaupt noch keine Gedanken gemacht. Wir haben uns natürlich riesig gefreut, aber irgendwie haben wir es auch als selbstverständlich gesehen, dass wir ein Kind bekommen würden», berichtet Stefanie heute. Ein paar Monate später kommt Marie-Luise auf die Welt. Die kleine Familie ist glücklich. Bis sich Stefanie und Daniel drei Jahre später ein kleines Geschwisterchen für Marie-Luise wünschen.
Der Traum von der grossen Familie
«Als Marie-Luise knapp drei war, habe ich wieder die Pille abgesetzt. Dass es diesmal Probleme geben könnte, ist mir überhaupt nicht in den Sinn gekommen.» Doch die erhoffte Schwangerschaft bleibt aus. Monatelang tut sich überhaupt nichts. «Am Anfang haben wir es ganz locker gesehen, schliesslich hatten wir Marie-Luise ganz ohne Probleme bekommen. Aber nachdem ich dann Monat um Monat wieder meine Tage bekommen habe, haben sich meine Gedanken immer mehr um eine Schwangerschaft gedreht. Ich komme selbst aus einer grossen Familie, wir waren daheim fünf Kinder, meine Geschwister sind heute in meinem Leben sehr wichtig. Der Gedanke, dass Marie-Luise als Einzelkind aufwachsen könnte, war mir schrecklich.»
Unerfüllter Kinderwunsch hängt nicht immer damit zusammen, dass man ungewollt kinderlos ist, sondern ist oft viel subjektiver. Wer sich in seinem Lebensplan eine grosse Familie wünscht und dann nach der ersten (oder zweiten) Schwangerschaft nicht noch ein Kind bekommen kann, der wird ebenso von seinem Wunschkind träumen, wie jemand, der Probleme mit der ersten Schwangerschaft hat.
Sekundäre Sterilität, wenn es also mit dem zweiten Kind nicht klappen will, ist kein vereinzeltes Phänomen, sondern tritt immer wieder auf. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Oft ist das Alter als Ursache zu sehen. War die erste Schwangerschaft noch einfach, so sinkt die Fruchtbarkeit beider Eltern immer weiter, je älter sie werden und kann deshalb bei der zweiten Schwangerschaft zum Problem werden. In manchen Fällen war bereits die erste Schwangerschaft mit Schwierigkeiten verbunden, die nun auch bei allen weiteren Wunschkindern auftreten. Und wie bei jedem unerfülltem Kinderwunsch gilt auch beim Ausbleiben der zweiten Schwangerschaft: Je länger es dauert, um so mehr ist es mit Stress verbunden, was sich wiederum negativ auf eine mögliche Schwangerschaft auswirkt.
Belastungsprobe für die Beziehung
«Als ich nach ungefähr einem Jahr immer noch nicht schwanger war, bin ich zum Arzt gegangen. Der meinte, ich sollte noch ein paar Monate abwarten, schliesslich hatten wir es doch schon einmal geschafft. Nach fast zwei Jahren, die sich ewig lang angefühlt haben, hat mein Arzt schliesslich ein paar Untersuchungen angestellt. Herausgekommen ist dabei überhaupt nichts.» Auch Daniel lässt sich untersuchen. Mit ebenfalls unklarem Ergebnis. Nicht bei allen Paaren lässt sich eine Ursache für die Sterilität finden.
Stefanie versucht in den nächsten Monaten einige alternative Methoden wie Akupunktur und Luna Yoga, aber ohne Erfolg. «Daniel und ich waren uns in dieser Zeit sehr fremd. Ich hatte oft das Gefühl, dass ich es war, die noch ein Kind wollte und mich Daniel überhaupt nicht unterstützt hat. Erst viel später habe ich gemerkt, dass Daniel einfach auf eine andere Weise mit unserem unerfüllten Kinderwunsch umgegangen ist. Ich habe damals schon unsere Beziehung infrage gestellt und auch meine Beziehung zu Marie-Luise hat darunter gelitten. Wenn ich mit Freunden darüber sprechen wollte, hiess es meist, dass ich doch froh sein kann, schliesslich habe ich ein Kind.» Erst das Gespräch mit einer Bekannten, die sich in einer ähnlichen Situation befindet, hilft Stefanie, mit ihrer eigenen Enttäuschung und Traurigkeit umzugehen.
Dieses traurige Gefühl
«Daniel und ich haben uns schliesslich dagegen entschlossen, weitere Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin zu versuchen. Ich glaube, wir waren beide an einem Punkt angekommen, an dem wir gemerkt haben, dass unsere Beziehung und unsere kleine Familie Vorrang vor dem Stress einer künstlichen Befruchtung oder so etwas haben soll.
Natürlich weiss ich, dass wir uns immer noch glücklich schätzen können. Immerhin haben wir ein Wunschkind. Und unsere Beziehung ist daran nicht zerbrochen. Marie-Luise ist heute 10 Jahre alt und ich versuche, jeden Tag mit ihr zu geniessen. Aber wenn ich die Kisten mit den Babysachen sehe, die ich immer noch im Keller aufgehoben habe, oder wenn Freunde und Verwandte Babys bekommen, dann habe ich immer noch dieses traurige Gefühl von einem unerfüllten Kinderwunsch.»
Informations- und Austauschmöglichkeiten
Wenn auch Sie von unerfülltem Kinderwunsch betroffen sind, finden Sie zum Beispiel auf diesen Websites mehr Informationen und Möglichkeiten zum Gedankenaustausch:
- www.kinderwunsch.ch
- www.wunschkinder.net
- Auch in unserem Familienleben-Forum können Sie sich mit anderen Paaren in ähnlicher Situation austauschen