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Kinderlos glücklich: «Natürlich geht das!»

Kann ein kinderloses Leben glücklich machen? Genauso glücklich wie ein Leben mit Kindern? Eine kinderlose Frau erzählt, warum sie kein eigenes Kind vermisst. «Wichtig ist, im Leben Spuren zu hinterlassen, auf welche Art auch immer», sagt sie.

Kinderlos glücklich: «Natürlich geht das!»
Auch Paare ohne Kinder können wunschlos glücklich sein. Foto: Goodshoot, Jupiterimages, Thinkstock

Macht ein kinderloses Leben glücklich? Genauso glücklich wie ein Leben mit Kindern? Diese Fragen werden immer wieder gestellt, sogar wissenschaftlich untersucht. Meiner Meinung nach sind sie eine Frechheit! Sie implizieren bereits die Meinung, dass ein kinderloses Leben unglücklich machen muss. Das ist eine Ohrfeige für all die Menschen, die anders leben – ohne Kinder. Und das sind viele! In der Schweiz haben immer mehr Frauen keine Kinder. 38 Prozent der 35- bis 44-jährigen Frauen in Zürich sind kinderlos.

Vorweg: Ich habe keine Kinder. Und aufgrund meines Alters werde ich auch keine Kinder mehr bekommen. Bin ich glücklich? Glück ist grundsätzlich kein dauerhafter Zustand. Es gibt Momente, in denen ich mich glücklich fühle, ja. Wenn ich eine alte Freundin wiedertreffe. Wenn ich einen Kaffee trinke und eine Zeitschrift durchblättere. Wenn ich in die Sonne blinzele.

Können Frauen kinderlos glücklich sein? Ich bin mir sicher, die Frage ist falsch gestellt. Was die Menschen meinen, wenn sie nach kinderlosem Glück fragen, ist etwas anderes – sie fragen nach Erfüllung. Also stelle ich die Frage neu: «Können Frauen ohne Kinder ein erfülltes Leben haben?» Und da ist meine Antwort eindeutig: Natürlich! Genauso, wie Frauen mit Kindern ein unerfülltes Leben haben können.

«Eigentlich wollte ich drei Kinder haben»

Ich bin kinderlos, doch mein Plan war ein anderer. Mein kindliche Vorstellung vom Erwachsenenleben war eindeutig: Natürlich würde ich Familie haben! Ich stellte mir mein Leben in etwa vor wie das Leben meiner Mutter. Ein Mann fürs Leben, drei Kinder.

Doch leider liess der Mann fürs Leben erst einmal auf sich warten. Meine Beziehungen zu Männern waren nur von kurzer Dauer. Coole Jungs in Lederjacken interessierten mich mehr als junge Männer, die straight ihren Weg gingen. Leider erweisen sich coole Jungs in Lederjacken oft als wenig alltagstauglich. Nach ein paar Jahren Beziehung wurde ich immer verlassen.

Glückliche Beziehung geniessen

Ich war bereits 33, als ich mein Beuteschema von «Gegensätze ziehen sich an» zu «Gleich und «Gleich gesellt sich gern» änderte. Tatsächlich funkte es nach einem Jahr. Ich verliebte mich in einen ruhigen Mann mit viel innerer Stärke und grosser Lebens-Gestaltungsfreude.

Ich war glücklich. Endlich eine Beziehung, in der ich mich nicht anstrengen, in die ich mich fallen lassen konnte. Diesen Zustand wollte ich einfach nur geniessen. Wohl deshalb verschwendete ich in den folgenden Jahren keinen Gedanken an Kinder. Das Kinderkriegen überliess ich erst einmal den Freundinnen. Klar, süss waren sie, die kleinen Wonneproppen, die da auf die Welt kamen. Von Neid keine Spur. Im Gegenteil: Ein wenig taten mir die Mütter leid, die sich selbst so ganz aufgeben mussten. Pausenlos aufs Glück des Kindes bedacht zu sein, ist ein anstrengender Job, das registrierte ich wohl.

Und plötzlich doch der Kinderwunsch!

Meine Einstellung änderte sich schlagartig, als der Frauenarzt krebsverdächtige Zellen am Muttermund feststellte. Ich musste operiert werden! Zum Glück gaben die Ärzte nach der Gewebe-Untersuchung Entwarnung. Doch sie machten mir auch klar, dass ich das Thema «Kinder» nicht mehr auf die lange Bank schieben durfte, es sei denn, ich wollte keine.

Was man vielleicht nicht mehr lange haben kann, wird wertvoll. Plötzlich wollte ich auf keinen Fall kinderlos bleiben. Monat für Monat nagte die Enttäuschung an mir, wenn ich auf den Schwangerschaftstest schaute. Immer mehr geriet ich in eine emotionale Negativspirale. Erst während einer Therapie viele Monate später wurde mir klar, wie sehr ich mich unter Druck gesetzt hatte. Wollte ich wirklich unbedingt ein Kind? Eigentlich wusste ich doch, dass ich auch kinderlos glücklich sein würde!

Kinderlos glücklich: Es geht sehr gut ohne Kinder!

Ein kinderloses Leben kann genauso glücklich oder unglücklich sein wie ein Leben mit Kindern. Da bin ich mir sicher. Ich vermisse kein Kind in meinem Leben. Wie oft höre ich von Beziehungsproblemen von Freundinnen, die voll in ihrem anstrengendem Familienleben stecken. Wie oft bleibt die Beziehung auf der Strecke! Unsere Liebe hat auch ihre Höhen und Tiefen, aber wir sind meiner Meinung nach unbestreitbar im Vorteil gegenüber Partnern mit Kindern. Denn wir haben mehr Zeit, uns zuzuhören, spontan zu sein, unseren gemeinsamen Interessen nachzugehen – und das ist uns noch nie langweilig geworden. Klar, dass wir als kinderlose Doppelverdiener auch finanziell besser gestellt sind.

Kinderlos zu sein, bedeutet nicht, ohne Kontakt zu jungen Menschen zu leben. Sich mit Jüngeren auszutauschen, halte ich für existentiell wichtig! Zu meiner Nichte habe ich eine besonders gute Wellenlänge. Sie ist jetzt bereits über 20 Jahre alt. Beruflich ist sie in meine Fussstapfen getreten. Das ist schön, ihre Ideen inspirieren mich – und sie profitiert von meinen Erfahrungen.

Wichtig ist, im Leben Spuren zu hinterlassen

Kinder zu haben, erfüllt Eltern. In der Regel jedenfalls. Das glaube ich schon. Denn Kinder zu bekommen und sie ins Leben zu begleiten, ist ein schöpferischer Akt. Und ich glaube, zu einem erfüllten Leben gehört es, schöpferisch zu sein. Doch keine Kinder zu haben, bedeutet keinesfalls, nicht schöpferisch zu sein. Im Gegenteil: Es ist ja viel mehr Zeit vorhanden, um Projekte auf die Beine zu stellen.

Mein Freund und ich interessieren uns sehr für ein Leben im Alter zusammen mit anderen Menschen. Wir überlegen, eine Stiftung zu gründen und ein Mehr-Generationen-Haus ins Leben zu rufen. Auf diese Weise zu gestalten, erfüllt uns sehr. Auch der Gedanke, durch ein solches Projekt nachhaltig Spuren zu hinterlassen, macht mich sehr zufrieden. Natürlich muss man keine Stiftung gründen, um Spuren zu hinterlassen, genauso wie man keine Kinder braucht. Andere finden ihre Erfüllung im Beruf, in der Gartenarbeit, in Reisen oder in ehrenamtlichem Engagement. Es gibt eben viele Arten, erfüllt zu leben!

Die Autorin ist der Redaktion bekannt.

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