Diese 5 Kommunikationsmuster machen die Beziehung kaputt
Was glückliche von unglücklichen Paaren unterscheidet, ist die Art, wie sie miteinander reden. Welche Kommunikationsfallen in jeder Beziehung lauern und wie man es besser sagt. Stichwort: Wertschätzend.
Dabei fing alles so gut an. IHN wollten wir, SIE war es, endlich! Wir waren sicher, dass diese neue Liebe uns beflügelt. Gemeinsam wollten wir ein Stück Welt erobern, unsere Träume erfüllen und glücklich bleiben. Und tatsächlich hätten wir dazu eine gute Chance – vorausgesetzt, wir wissen um die fünf Anzeichen einer absterbenden Liebe. Dazu braucht man nicht hellsehen, sondern einen Mathematiker.
«Für viele ist die Liebe ein komplettes Mysterium. Dabei ist sie so vorhersagbar», sagt John Gottman. Der Mathematiker und Psychologe hat 30 Jahre Gespräche von Paaren analysiert und dabei fünf aufeinander aufbauende, negative Kommunikationsmuster identifiziert, die sog. Apokalyptischen Reiter, die eine Beziehung nach und nach, aber gewiss ruinieren.
Mit seiner Paarforschung hat Gottmann weltweit Tausende von Paartherapeuten eine ihrer wichtigsten wissenschaftlich fundierten Theorien in die Hand gegeben, anhand derer sie den Zustand einer Beziehung analysieren und Beziehungsprobleme zu lösen versuchen. Der Schlüssel dazu liegt immer in einer besseren Paarkommunikation.
Wie Kommunikation trennt, statt zu verbinden: Die 5 Kommunikationssünden nach Gottmann
1 Kritik
«Musst du denn immer …?»
Beispiel: Sie wünscht sich einen Partner, der die Aufgaben zuhause gerecht mit ihr teilt. Doch während sie die Spülmaschine ausräumt, sitzt er auf der Couch und spielt mit seinem Flugsimulator. «Schon wieder!», findet sie. Sicher, er macht am Wochenende oft den Garten, geht einkaufen und bringt den Müll raus . Aber im Alltag hat sie das Gefühl, alleine für den Haushalt zuständig zu sein. Da entdeckt sie seine achtlos hingeworfenen Schuhe in der Ecke. Jetzt reicht es ihr! «Alles muss ich machen!», schreit sie. «Du lässt mich die ganze Drecksarbeit alleine machen, während du dich mit albernem Kinderkram vergnügst.»
Wirkung: Wer dem Partner ständig absolute Vorwürfe macht, arbeitet schon an der langsamen Trennung. Denn diese Art der Kritik ist fast immer ungerecht. Sie ist unsachlich und werten den Partner als ganze Person ab. Und sie fordert ganz natürlich die Verteidigung des Partners heraus. Herabsetzende Kritik erkennt man zum Beispiel an den Worten: «immer», «alles», «nie», «typisch».
2 Verteidigung
«Dafür kann ich nichts …!»
Beispiel: «Was soll ich denn noch alles machen?» «Ich mache mir auf der Arbeit den Megastress, damit wir uns das Haus überhaupt leisten können, während du dich mit deiner Teilzeit-Heilmedizin selbstverwirklichst.» «Wenn mir nicht mal die eigene Frau etwas Entspannung gönnt...»
Wirkung: Unsachliche Vorwürfe verletzen – und führen fast unweigerlich dazu, dass sich der Partner erklären und verteidigen will. Aus der Kränkung entsteht Wut – und der Wunsch, den Partner ebenso zu treffen. Rechtfertigungen verschärfen den Konflikt. Denn der andere Partner hat das Gefühl, dass seine Kritik überhaupt nicht ernstgenommen wird. Paare, die sich aus diesem Muster nicht lösen, geraten schnell in eine Negativspirale, bei der die so wichtige Bewunderung und Wertschätzung des Partners immer mehr auf der Strecke bleibt. Dann kommen oft Rückzug, Verachtung und Machtspiele hinzu.
3 Rückzug
«Natürlich, jetzt bin ich wieder schuld... »
Beispiel: «Aber weisst du was, mir ist das so was von egal, was du denkst.» Er wendet sich ab, verschränkt die Arme oder verlässt den Raum oder das Haus.
Wirkung: Der Partner hat aufgegeben. Vielleicht hat er versucht, einen Konflikt zu lösen, aber er ist gescheitert. Weil er sich machtlos fühlt, befindet er sich im Rückzug. Mit der Zeit schaltet er bereits bei kleinsten Symptomen von Kritik auf Durchzug. Wo Auseinandersetzung nicht mehr stattfindet, bleibt auch kein Platz für Liebe. Der andere fühlt sich im Stich gelassen und das kann manchmal schwerer wiegen als herabsetzende Kritik.
4 Verachtung
«Ja, du bist so ein toller Vater, dass ich nicht lache»
Beispiel: Begeistert erzählt er den Bekannten vom letzten Ausflug mit den Kindern. «Toll, was du mit den Kindern alles unternimmst!», sagen sie bewundernd und fragen interessiert nach. «Ja, die Kinder machen mir Spass», sagt er. Sie schüttelt entgeistert den Kopf und rollt mit den Augen. Mit ironischem Ton sagt sie: «Oh, die Kinder machen dir Spass! Vor allem dann, wenn du mal kochen oder sie ins Bett bringen sollst … du bist wirklich ein Super-Papi!»
Wirkung: Verachtung hat viele hässliche Fratzen: Offensichtliches Augenrollen, Auslachen, Missachtung, Spott oder Gehässigkeiten sind ein verlässlich wirksames Gift für die Partnerschaft. Besonders zerstörerisch ist Verachtung, wenn dabei Intimes berührt wird. «Was interessieren dich die Kinder, du willst ja nur Pornos gucken.» «Ja, was soll ich machen. Was Sex ist, weisst du doch gar nicht mehr.» In glücklichen Beziehungen gibt es Verachtung gar nicht, in unglücklichen herrscht sie bald vor.
5 Machtdemonstration
«Lass dich doch scheiden, die Kinder bleiben bei mir»
Beispiel: So tönt es, wenn es zum Äussersten kommt. Meist fängt es klein an und spielt sich hoch. Es werden keine Absprachen mehr getroffen, jeder nimmt sich, was er kriegen kann. «Heute kochst du!» «Ich nehme das Auto, ich muss zum Coiffeur», «Warte nicht auf mich, ich gehe mit Kollegen was trinken». Aber was der eine gewinnt, ist der Verlust des anderen. Machtspiele nehmen ihren Lauf.
Wirkung: Jeder Partner versucht, den anderen zu beherrschen und für sich die Rosinen im Alltag herauszupicken. Die Partner laufen nebeneinander her, es gibt kaum eine gemeinsame emotionale Basis mehr. Positive Erlebnisse werden mehr und mehr ausgeblendet, die Paare nehmen nur noch ihre negativen Seiten von sich wahr. In dieser Zeit beginnen Partner oft Affären. Die meisten trennen sich.
Im Schnitt nach 16 Jahren, hat Gottmann berechnet.
Prof. John Gottman und die Formel der Liebe
Wie Menschen miteinander kommunizieren, kann eine Partnerschaft festigen oder destabilisieren. Das hat der US-amerikanische Mathematiker und Psychologe Prof. John Gottman herausgefunden, der jahrzehntelang systematisch die Kommunikation von Paaren untersuchte. Dabei hat er die fünf Apokalyptischen Reiter entdeckt. Überwiegen diese negativen Kommunikationsmuster in einer Beziehung, wird sie Gottman zufolge instabil. Seine 5:1-Formel besagt: Eine Partnerschaft ist intakt, solange fünf Mal häufiger liebevolle und konstruktive Interaktionen als negative oder feindselige Verhaltensweisen vorkommen. Das heisst, für einen Vorwurf sollten wir im Gegenzug fünf Komplimente machen.
«Eine dauerhafte Ehe ergibt sich aus der Fähigkeit eines Paares, die Konflikte zu lösen, die in jeder Beziehung unvermeidbar sind.» Dass das gar nicht so einfach ist, hat Gottmann selbst erfahren. Er ist erst in dritter Ehe glücklich verheiratet.
Wie eine bessere Paarkommunikation gelingen kann, erklären wir auf der nächsten Seite.
Was lässt sich tun, wenn die Wut und der Wunsch nach Veränderung stark sind? Der US-amerikanische Psychologe Marshall Rosenberg hat mit seinem Werk zur «Gewaltfreien Kommunikation», auch «Wertschätzende Kommunikation» genannt, Paaren einen gangbaren Weg gewiesen. Schlüssel-Fertigkeiten sind dabei «Aktives Zuhören» und die «Ich-Botschaften». Anstatt nach Vorwürfen sofort in die Verteidigungshaltung zu geraten und damit eine negative Kommunikationspirale in Gang zu setzen, ermöglichen es diese beiden Kommunikationstechniken den Partnern sich zu öffnen, ohne Verletzungen befürchten zu müssen.
Aktives Zuhören statt Verteidigen
Aktiv zuzuhören bedeutet, sich klar zu machen, dass ein Vorwurf ein tragischer Ausdruck eines unerfüllten Bedürfnisses ist und es auch so verbal zurückzuspiegeln. Die Wutanfälle und Schuldzuweisungen des Partners drücken - auf ungeschickte Weise - eine Frustration aus. Auch wenn es schwer fällt, ist es jetzt wichtig, dem Partner erst einmal zuzuhören und versuchen zu verstehen.
Beispiel: Auf eine Äusserung wie «Was soll ich denn noch alles machen? Ich gehe den ganzen Tag arbeiten und bin abends müde, aber einer muss ja das Geld verdienen!» lässt sich feinfühlig antworten: «Das hört sich für mich an, als fühlst du dich ziemlich gestresst.»
Eine solche Spiegelung der Gefühle führt zu tiefer liegenden Ursachen wie zum Beispiel: «Ja, im Job habe ich so viel zu tun, der Chef halst mir immer mehr auf, ich weiss gar nicht, wo mir der Kopf steht!» Jetzt heisst es wieder, Gefühle und Inhalt des Gehörten widerzugeben: «Oh, es ist schwierig, die ganze Arbeit zu organisieren, das muss anstrengend für dich sein!» In der Regel wird der Kommunikationspartner dadurch automatisch ruhiger, wenn er sich gehört fühlt. Und dann ist es auch möglich, dem Problem der partnerschaftlichen Arbeitsverteilung in Ruhe auf den Grund zu gehen.
Ich-Botschaften statt absoluten Anklagen
Wer seine Gefühle in Ich-Botschaften formuliert, bewertet den Partner nicht und weist ihm keine Schuld zu. Stattdessen bleiben Sie bei der Sache, bei Ihnen und den eigenen Gefühlen.
Beispiel: «Du hast gestern die Kinder nicht ins Bett gebracht, obwohl wir besprochen hatten, dass wir uns abwechseln wollen. Das Ins-Bett-Bringen nimmt mir die Zeit, in der ich mich ein bisschen entspannen möchte. Das frustriert und ärgert mich.»
Kommunikation neu lernen: Buchtipps und Kurse
Wertschätzende Kommunikation ist eine neue Sprache, die geübt werden muss, damit sie flott über die Lippen geht. Dazu gibt es beispielsweise Kurse und Seminare. Darüber hinaus gibt es eine Menge Literatur zu diesem Thema. «Die Familienkonferenz» von Thomas Gordon und «Gewaltfreie Kommunikation» von Marshall Rosenberg gehören zu den Klassikern. Einen guten Einstieg bietet auch der Ratgeber «Wenn die Giraffe mit dem Wolf tanzt» von Serena Rust.