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Krise nach der Kita? Warum Kinder jetzt oft besonders anstrengend sind

Nach der Kita ist vor der Hölle! Warum Kinder nach der Kita oft bocken, brüllen und durchdrehen und wie Eltern das mit ein paar Tipps verändern können.

Nach der Kita müssen sich viele Kinder emotional entladen. Was Eltern zur Entspannung tun können.
Nach der Kita müssen sich viele Kinder emotional entladen. Was Eltern zur Entspannung tun können. Illustration: iStock

von Linda Freutel

Ich habe es mir so schön vorgestellt: Halbtags im Büro arbeiten, dann meinen kleinen Schatz aus der Kita abholen und gemeinsam einen entspannten Nachmittag verbringen. Tatsächlich ist aber von Entspannung keine Spur. Der Job im Büro ist stressig. Ich schaffe es fast nie, pünktlich in der Kita zu sein. Und was ich dann vorfinde ist ein Pulverfass: Von quietschend überdreht über bockig, trotzig, trödelig bis hochsensibel und müde. Jeden Tag lerne ich eine andere Tieflage kennen, die die Tonleiter kindlicher Emotionen zu bieten hat. Und in jedem Fall betrete ich ganz, ganz dünnes Eis, sobald ich durch die Tür zur Kita gehe.

Mein 3-jähriger Sohn, der laut Erzieherin eben noch der reinste Sonnenschein war, mutiert pünktlich zum Kita-Ende zur nervlichen Zerreissprobe – für sich selbst und für mich als Mutter.

Ein Schrei nach Liebe

«Hat er sich denn gar nicht auf mich gefreut?», frage ich die Erzieherin. «Doch, das hat er», antwortet sie. «Deshalb lässt er seinen Emotionen ja gerade freien Lauf.» Wie bitte? Das verstehe ich nicht! Die Erzieherin erklärt, dass es sogar das Zeichen einer guten Bindung sei.
Das Kind habe nämlich genug Vertrauen und das Gefühl bedingungslos geliebt zu werden, um sich mir so zu zeigen, wie es sich gerade fühlt. Und das ist nach einem langen Kita-Tag eben nicht immer nur Fröhlichkeit.

Immerhin prassele in der Kita eine Menge auf meinen Sohn ein: er muss lernen Konflikte mit anderen Kindern auszutragen, die Kitaregeln befolgen, jeden Tag neue Dinge kennenlernen, Konzentration aufbringen, Lautstärke aushalten oder Aufmerksamkeit teilen. Das und vieles, vieles mehr machen den Kindergarten zu einem anstrengenden Full-Time-Job für einen Mini-Mann. Und wenn seine Eltern da sind, will er einfach einmal so sein dürfen, wie er sich gerade fühlt.

Verständlich. Doch trotzdem wäre es schön, wenn die freien Nachmittage mit meinem Sohn nicht regelmässig mit Tränen, Wut und Trotz beginnen würden. Am meisten hat mir dabei der Perspektivwechsel geholfen. Nicht zu fragen, warum es für mich oft so anstrengend ist, sondern wie ich meinem Kind helfen kann, sich besser nach der Kita zu entspannen.

So wird das Abholen leichter

Viele Kinder wollen sich nach dem Kita- oder Kindergartentag emotional entladen. Eltern, die in der Schusslinie stehen, behalten mit diesen erprobten Tipps nicht nur die Nerven, sondern helfen auch dem Kind zu mehr Ausgeglichenheit.

Nach der Kita sollten Eltern Ihren Kindern Liebe und Aufmerksamkeit schenken.
Wie Sie Ihr Pflänzchen mit Liebe, Geduld und Aufmerksamkeit giessen. Illustration: iStock

1 Zeit für den Situationswechsel

Kinder, die in der Kita noch ins Spielen vertieft sind, reagieren oft bockig und gereizt, wenn die Eltern sie aus dem Spiel heraus reissen und sofort mit nach Hause nehmen wollen. Bringen Sie, wenn es geht, etwas mehr Zeit mit, so dass das Kind zu Ende puzzeln oder die vorgelesene Geschichte fertig anhören und sich besser auf den Situationswechsel einstellen kann.

2 Vorfreude

Was ebenso helfen kann, sind kleine Vorfreuden, die bereits am Morgen vor dem Abholen geschaffen werden. Zum Beispiel können Sie mit Ihrem Kind vereinbaren, dass Sie auf dem Nachhauseweg am Spielplatz vorbeigehen, die Enten füttern oder es in jede Pfütze springen kann.

3 Verlässliche Routinen

Kinder brauchen feste Abläufe und Rituale. Nach einem stressigen Tag können sie daher gereizt reagieren, wenn Papa statt, wie versprochen Mama, sie aus der Kita abholt. Sagen Sie Ihrem Kind schon morgens, wer am Nachmittag zum Abholen kommt – und halten Sie diese Verabredung auch ein.

4 Frei-Zeit statt Freizeit

Vor allem müde oder überdrehte Kinder brauchen nach der Kita Zeit und Raum, um wieder aufzutanken. Einkäufe, Verabredungen oder Eltern-Kind-Gruppen setzen nur noch mehr Reize. Fahren Sie mit Ihrem Kind heim und gehen Sie auf das ein, was es gern machen möchte. Vielleicht kuscheln, ein Buch anschauen oder spielen?

5 Aufmerksamkeit schenken

Wenn Mama oder Papa beim Abholen mit anderen Eltern quatscht, in Gedanken versunken ist oder telefoniert, fühlen sich Kinder oft nicht wirklich gesehen und reagieren darauf wütend. Widmen Sie sich beim Abholen voll und ganz Ihrem Kind, sagen Sie ihm, wie sehr Sie sich freuen, dass Sie jetzt ungeteilte Zeit für einander haben.

6 Hunger

Manche Kinder sind nach der Kita auch einfach hungrig. Ein kleiner Snack kann die Stimmungslage oft schnell und merklich verbessern.  

7 Belohnungs- und Entspannungsprogramm

Natürlich soll kein Kind nach der Kita stundenlang vor dem Fernseher sitzen und Schokolade essen. Ein kleines Verwöhnprogramm hat es sich aber trotzdem verdient. Verabreden Sie einen festen Zeitraum für gemeinsame Genuss-Zeit. Vielleicht darf es eine Sendung schauen, ein Stück Kuchen essen oder sich von Mama eine kleine Massage geben lassen?

8 Durchatmen

Und der wichtigste Tipp: Wer selbst gestresst ist, kann für sein Kind nur schwer die nötige Geduld aufbringen und dem Kind helfen sich zu entspannen. Nehmen Sie sich vor dem Abholen eine kleinen Moment Zeit, um sich den folgenden Tagesverlauf klar vor Augen zu führen. Atmen Sie durch, schliessen Sie gedanklich bewusst mit dem Job ab und versuchen Sie sich auf das einzulassen, was kommt. Nämlich ein Kind, das sich auf Mama oder Papa freut. Und das seine innere Unruhe umso schneller ablegen kann, je gelassener Mama und Papa selbst sind.

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