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Wenn der Beschützerinstinkt die Kontrolle übernimmt

Laura Ackermanns Sohn wurde in der 1. Klasse gemobbt. Längst geht es ihm wieder gut und er hat Freunde in seiner Klasse. Doch nun steht ein Klassenwechsel an – und seine Mutter, mittlerweile als Anti-Mobbing-Coach tätig, wird zunehmend nervös.

Wenn die Schule anfängt, geht manchmal der Beschützerinstinkt mit den Eltern durch.
Wenn die Schule anfängt, geht manchmal der Beschützerinstinkt mit den Eltern durch. Foto: damircudic, E+, Getty Images Plus

Das neue Schuljahr rückt näher und näher. Und damit verbunden erwarten uns wieder viele neue Ereignisse. Mein Sohn startet in die 4. Klasse. Bei uns bedeutet dies einen neuen Lehrer und eine neu zusammengewürfelte Klasse.

Automatisch werde ich in den letzten Wochen immer wieder mit der Erinnerung an den Start der 1. Klasse konfrontiert. Da startete das Mobbing an meinem Kind. Innert Wochen habe ich meinen Sohn nicht wieder erkannt. Ich hatte grosse Angst um ihn und fühlte mich total hilflos, allein gelassen und nicht ernst genommen.

In den vergangen drei Jahren haben wir hart an uns gearbeitet und so hat mein Sohn seinen Platz in der Klasse gefunden. Er konnte Freundschaften schliessen und die Schule ist mittlerweile ein Ort, an den er jeden Tag gerne hingeht. Es war ein langer Weg und noch heute machen wir regelmässig Übungen aus meinem Coaching, um den Erfolg und sein Selbstbewusstsein aufrecht zu erhalten.

Die Sorgen der Eltern

Trotzdem entsteht bei mir automatisch ein bitterer Beigeschmack bei dem Gedanken ans neue Schuljahr, die neue Klasse, die neuen Kinder, den neuen Lehrer.

Findet mein Kind dieses Mal sofort seinen Platz?

Wird er neue Freundschaften schliessen?

Wird er sein Gelerntes anwenden können in einer neuen Gruppe?

Was, wenn etwas schief läuft?

Mein Beschützerinstinkt läuft auf Hochtouren!

Und genau hier muss ich mich selbst bremsen!

Hier gerate ich wieder in die Falle, aus der ich Eltern versuche heraus zu helfen.

Unser Beschützerinstinkt

Unser Beschützerinstinkt ist etwas unheimlich starkes und eigentlich wunderbares. Aber er lässt uns in solchen Situationen viele dumme Gedanken formen und Entscheidungen treffen, die unserem Kind schaden. Deshalb ist es wichtig, seinen Instinkt zu hinterfragen.

Also stand ich eines Morgens wieder voller Sorge und nach einer kurzen Nacht vor dem Badezimmerspiegel und habe zu mir gesagt: «Stopp! Es reicht!»

Das Erste, das Eltern stets von mir im Coaching hören, muss ich mir heute wieder einmal selbst ganz klar und deutlich sagen:

Hab keine Erwartungen! Erwartung erzeugt Druck – und diesen Druck spürt mein Kind sofort. Er wird ängstlich werden vor dem Schulstart. Im Moment ist er nämlich tiefenentspannt und freut sich riesig auf die neue Klasse. Ich bin hier das nervliche Häufchen voller Sorgen.

Dem Kind vertrauen

Ich muss meinem Kind vertrauen! Er wird diese neue Situation fabelhaft meistern.

Ich vertraue meinem Instinkt, der mich leiten wird wenn etwas nicht stimmt.

Ich vertraue auf die Bindung zu meinem Kind und das Wissen, dass er sich mir anvertrauen wird, wenn es zu einem Vorfall kommen wird.

Denn wissen Sie was?

Falls etwas nicht so läuft, wie wir es uns erhoffen, haben wir noch mehr als genug Zeit, uns darüber Sorgen zu machen. Aber jetzt sind wir einfach freudig aufgeregt. Ich glaube ganz fest an einen fantastischen Schulstart.

Sie sehen, auch nach zwei Jahren lerne ich immer wieder Dinge aus meinem eigenen Coaching dazu. Die Arbeit an uns selbst, an unseren Ängsten und Erlebnissen endet niemals. Auch ich muss mich immer wieder bewusst meinen Ängsten stellen.

Nicht von Ängsten kontrollieren lassen

Es ist nicht wichtig, was damals passiert ist. Es ist wichtig, was ich damals gefühlt habe als es meinem Kind so schlecht ging. Unsere Emotionen bleiben aktiv. Wichtig ist, diese sofort zu erkennen und sich selbst das Leben nicht unnötig schwerer zu machen.

Wir sind das Endresultat unserer Erlebnisse. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns mit diesem Emotionen und Ängsten zufrieden geben müssen. Wir entscheiden selbst, was diese Erlebnisse mit uns machen.

Das ist ein Puzzleteil meines Coachings, welches Eltern und Kindern hilft, das Vertrauen in sich wieder zu finden und auch zu spüren: «Ich habe die Kontrolle über mich und meine Handlungen!»

Ein schönes Schuljahr für alle!

Ich wünsche uns allen ein tolles Schuljahr, viele wunderschöne Erlebnisse, gute Freundschaften, unzählige Lacher, glückliche Kinder und entspannte Eltern.

Und falls es nicht so läuft wie erwünscht und ihr Hilfe braucht, dann bin ich jederzeit für euch da.

Auf geht’s…!

BE NICE – SEI NETT

Gewidmet an dieses Mädchen, welches keinen Ausweg mehr sah.

Das ist meine Herzensangelegenheit und deshalb ist es mir eine Ehre für Sie alle schreiben zu dürfen.

Die Zeiten in denen Mobbing zu Tode geschwiegen wird, sind vorbei.

Es braucht klare und offene Worte.

Ich spreche für die, die sich am wenigsten wehren können.

Unsere Kinder!

Ich kämpfe:

Für mehr Toleranz und weniger Diskriminierung!

Für mehr Verständnis und weniger Ignoranz!

Für mehr Zusammenhalt und weniger Einsamkeit!

Für mehr Wahrheit und weniger „schön reden“!

Für mehr eingreifen und weniger wegschauen!

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