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Baby und Erziehung: Ab wann beginnt Erziehung?

Viele Eltern fragen sich, ob sie ihr Baby schon erziehen müssen. Ist das Baby für Erziehung nicht noch viel zu klein? Und was heisst eigentlich Erziehung im Babyalter? Verbote aussprechen? Regeln aufstellen? Wir erklären, was jetzt schon Sinn macht und womit Sie Ihr Baby überfordern.

Ist Erziehung schon ein Thema für kleine Babys?
Ab wann müssen wir unser Kind erziehen? In den ersten Monaten geht es mehr um die Befriedigung von Babys Bedürfnissen. Foto: iStockphoto, Thinkstock

Früher hat man über das Thema Baby und Erziehung nicht weiter nachgedacht: Babys bekamen alle vier Stunden etwas zu trinken, nachts musste sobald als möglich durchgeschlafen werden, und wenn das nur mit vielen Tränen vor sich ging, so hiess es «Schreien stärkt die Lungen». Dann kamen die Alternativbewegungen der späten 60er und 70er Jahre, in denen manche Babys und Kinder alles durften. Heute wollen viele Eltern einen Mittelweg finden und sind dabei oft verunsichert, ob Erziehung schon ins Babyalter gehört.

Erziehung für kleine Babys: Nicht überfordern

Wenn man unter Erziehung versteht, dass Kinder im weitesten Sinne bestimmte Regeln lernen und diese befolgen, dann gehört Erziehung sicher noch nicht in den Alltag von kleinen Babys. Denn Neugeborene verstehen den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung noch nicht. Wenn Sie beispielsweise möchten, dass Ihr kleines Kind alle vier Stunden etwas zu trinken bekommt, auch wenn es schon vorher Hunger hat, dann überfordern Sie Ihr Baby, denn es ist in seiner Entwicklung noch nicht so weit zu verstehen, dass es erst in einer Stunde wieder Essen gibt. Babys haben noch kein Zeitgefühl.

In den ersten sechs Lebensmonaten geht es daher nicht darum, Ihr Baby zu erziehen, sondern seine Bedürfnisse zu erkennen und angemessen zu befriedigen. Wenn Ihr Kind jetzt weint, dann tut es das nicht, um Sie zu ärgern oder seinen Willen durchzusetzen, wie das durchaus im Kleinkindalter der Fall sein kann, sondern weil es ein dringendes Anliegen hat, das es Ihnen mitteilen möchte und das von Ihnen jetzt sofort behoben werden soll. Sie müssen dabei keine Angst haben, dass Sie Ihr Baby verwöhnen, wenn Sie ihm in den ersten Lebensmonaten geradezu jeden Wunsch von den Augen ablesen. Im Gegenteil: In Studien konnte nachgewiesen werden, dass Kinder, die als kleine Säuglinge immer sofort getröstet wurden, ein besonders gutes Urvertrauen entwickeln und später weniger weinen beziehungsweise sich schneller beruhigen.

Rituale und Rhythmus

Auch wenn Ihr Baby in den ersten Lebensmonaten noch keine Regeln versteht und auch noch nicht benötigt, können Sie Ihren grösser werdenden Säugling schon darauf vorbereiten, dass zu seinem späteren Leben Grenzen und Regeln gehören werden. Eine Vorstufe dazu sind nämlich Rituale und ein regelmässiger Rhythmus. Wie auch Regeln Ihrem grösseren Kind dabei helfen werden, sich in der riesigen, verwirrenden Welt zurechtzufinden, so gibt ein einigermassen geregelter Tagesablauf Ihrem kleineren Baby Halt und Sicherheit. Die meisten Babys finden beispielsweise einfacher in den Schlaf, wenn sie Abend für Abend mit dem gleichen Ritual ins Bett gebracht werden. Dabei kommt es übrigens nicht so sehr auf die immer gleiche Tageszeit an, sondern auf den gleichen Ablauf. Das heisst also, dass immer zuerst gebadet wird, danach gibt es die Abendmahlzeit, bevor das Baby schliesslich mit einem Schlaflied ins Bett gelegt wird.

Neben der Einführung von Ritualen können Sie bereits im Babyalter mit einer goldenen Erziehungsregel beginnen, die sich durch Ihr gesamtes Elternleben ziehen wird: die Vorbildwirkung. Leben Sie schon Ihrem kleinen Säugling vor, was Ihnen auch später wichtig sein wird. Sei es ein rücksichtsvoller, respektvoller und liebevoller Umgang miteinander, seien es gute Tischmanieren, oder dass Sie keine Schimpfworte verwenden; all dies wird Ihr Baby aufsaugen und später selbst anwenden. Denn wie heisst ein bekannter Spruch: «Man kann seine Kinder noch so gut erziehen, sie machen einem doch alles nach.»

Verbote für mobile Babys

In der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres können Sie dann dazu übergehen, die Wünsche Ihres Babys etwas zu differenzieren. Bei manchen Dingen wird Ihr Kleines schon verstehen, wenn es sich kurz gedulden muss. Sie sollten ihm dann auch nicht mehr immer alles sofort abnehmen und Bedürfnisse erfüllen, denn Ihr Säugling wird nun zunehmend unabhängiger. Dies kann für Ihr Kind (und für Sie) zwar durchaus frustrierend sein, ist aber für die Entwicklung Ihres Kleinen sehr wichtig. Schliesslich wird Ihr Baby sehr wahrscheinlich mit dem Krabbeln anfangen, weil es unbedingt etwas möchte, das ausserhalb seiner Reichweite steht. Geben Sie Ihrem Kind immer sofort alles, was es will, dann hat es keinen Anreiz, selbst mobil zu werden.

Ist Ihr Baby erst einmal mobil, dann wird es Zeit für die ersten Regeln und Grenzen. Das «Nein»-Sagen werden Sie in dieser Zeit ganz automatisch beginnen. Versuchen Sie dabei, so wenige Regeln wie möglich aufzustellen und auch das Verbieten zu begrenzen. Richten Sie Ihre Wohnung stattdessen sehr kindersicher ein, denn es wird eine ganze Weile dauern, bis Ihr Baby beispielsweise die Regel «Nicht an den heissen Herd gehen!» verinnerlicht hat. Bis es soweit ist, wird es vom verbotenen Herd wahrscheinlich magisch angezogen und Sie kommen sich wie ein Papagei vor. Je weniger Regeln Sie haben, um so weniger müssen Sie sich wiederholen.

Buchtipps zum Weiterlesen:

  • Sollte in keinem Bücherschrank fehlen: «Babyjahre» von Remo H. Largo, Piper Verlag
  • Für viele gute Denkanstösse: «Die kompetente Familie. Neue Wege in der Erziehung» von Jesper Juul, Beltz Verlag
  • Voll praktischer Tipps für eine liebevolle Erziehung von einer Hebamme: «Babyflüsterer» von Tracy Hogg, Goldmann Verlag

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