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Stillen: Tipps von der Hebamme

Stillen – Ja oder Nein? Diese Frage beschäftigt viele schwangere Frauen. Warum Stillen der beste und gesündeste Start ins Leben für ein Baby ist, erklärt Hebamme Lucia Mikeler Knaack im Interview.

Stillen ist wichtig für die Gesundheit des Babys.
Mit der Muttermilch erhält das Baby wichtige Nährstoffe. Foto: iStock, Thinkstock

Warum sollte eine Mutter ihr Kind stillen?

Lucia Mikeler Knaack: Es gibt viele Gründe, die dafür sprechen zu stillen: Es ist kostengünstig, erspart Zeit. Die Milch muss nicht zubereitet werden, hat automatisch die richtige Temperatur. Die Mutter kann ihrem Kind auf einfache Art und Weise die bestmöglichste Ernährung bieten, denn die Milch ist optimal zusammengesetzt. Das Kind bekommt durch die Muttermilch alle wichtigen Nährstoffe wie Proteine, Kohlenhydrate, Fette, Eisen und Mineralstoffe. Das Stillen schafft eine sehr gute Basis für die spätere Gesundheit. Es senkt das Risiko übergewichtig zu werden, eine Allergie zu bekommen und an Kreislaufkrankheiten zu erkranken. Stillen ist also wieder in.

Hat eine Mutter auch persönliche Vorteile?

Natürlich. Stillen verzögert die Monatsblutung. Dennoch ist Stillen keine zuverlässige Verhütungsmethode. Zudem fördert es die Beziehung zu ihrem Kind, das Verhältnis wird sehr innig. Stillen ist wie eine Streicheleinheit – für die Mutter und das Kind. Ob Stillen das Brustkrebsrisiko verringert, wird kontrovers diskutiert und gilt nicht mehr als gesichert.

Wie gelingt das Stillen am besten?

Gerade in der ersten Zeit brauchen Mutter und Kind absolute Ruhe. Beide müssen ihre Methode und ihren persönlichen Ablauf herausfinden, dann gelingt es automatisch. Bis sich diese Routine einstellt, dauert es etwa vier bis sechs Wochen. Eine Mutter sollte drei Positionen kennen, die ihr das Stillen erleichtern und bequem sind. Wichtig ist dabei eine gute Körperhaltung. Das A und O ist das richtige Ansetzen des Kindes. Wird dies falsch praktiziert, kann es schnell zu wunden oder rissigen Brustwarzen kommen, was sehr schmerzhaft sein kann.

Wo finden Mütter Rat und Anleitung?

Jede Frau hat laut Krankenversicherungsgesetz die ersten zehn Tage nach der Geburt Anspruch auf Hebammenleistung. Diese Hilfe bezieht sich natürlich nicht nur auf das Stillen, sondern auf alle Fragen, welche das Wochenbett betreffen. Ich empfehle meinen Klientinnen sich schon während der Schwangerschaft mit dem Stillen auseinanderzusetzen. Fachliteratur, Internetseiten oder Beratungen bei einer Hebamme eignen sich sehr gut dazu. Ebenfalls sind nach der Geburt drei Stillberatungen während der gesamten Stillzeit gesetzlich verankert. Diese können von Hebammen oder Stillberaterinnen durchgeführt werden. Ein niederschwelliges und sehr geschätztes Angebot sind die kostenlosen Mütter- und Väterberatungsstellen.

Ist Stillen im Alltag kein Hindernis für die Frau?

Natürlich ist man durch das Stillen mehr an sein Kind gebunden als durch die Flaschenernährung. Frauen können die Muttermilch aber abpumpen und einfrieren. Auch die Stillzeit ist rechtlich festgelegt. Frauen können während der Arbeitszeit abpumpen oder ihr Kind stillen, wenn dieses an den Arbeitsort gebracht wird. Dies erlebe ich in meinem Arbeitsalltag jedoch eher selten. Abpumpen kann durch eine Handpumpe oder kleine Elektropumpen erfolgen. Diese sind effizienter, kosten auch nicht mehr so viel wie früher und können in der Handtasche mitgeführt werden. Die grossen elektrischen Pumpen werden z. B. bei Zwillingen, Frühgeborenen oder Babys mit Handicap benötigt. In diesen aussergewöhnlichen Fällen übernimmt die Krankenkasse die Mietkosten für das Gerät.

Wie lange sollte das Baby gestillt werden?

Das ist eine sehr persönliche und fast schon philosophische Ansicht. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt eine Stillzeit von vier bis sechs Monaten. Aus medizinischer Sicht gibt es jedoch kein Limit. Wenn eine Mutter sich für das Abstillen entscheidet, kann eine Mahlzeit, je nach Alter des Kindes, durch einen Schoppen oder einen Brei ersetzt werden. Die Milchmenge richtet sich nach Angebot und Nachfrage. Je mehr das Kind angesetzt wird, desto mehr Milch wird produziert. Je seltener das Kind saugt, desto weniger wird Milch produziert.

Wie sollten Frauen bei einer Brustentzündung reagieren?

Eine Brustentzündung ist eine ernsthafte Erkrankung. Neben meist hohem Fieber treten grippeartige Symptome auf. Die Frauen haben Schmerzen beim Stillen, es können sich punktuell schmerzhafte, rote und verhärtete Stellen an der Brust bilden. Eine beginnende Brustentzündung sollte so rasch als möglich durch eine Fachperson, Hebamme, Still- oder Mütterberaterin oder Ärztin, Arzt behandelt werden. So besteht die Chance die beginnende Entzündung in den Griff zu bekommen. Über die Behandlungsmethoden herrscht keine Einigkeit unter den Experten. Viele Ärzte verschreiben schnell Antibiotika, wir Hebammen sind eher zurückhaltend in der Abgabe und versuchen durch Wickel, häufigeres Stillen oder Abpumpen, Bettruhe und regelmässige Hausbesuche die Entzündung abklingen zu lassen. Es ist wichtig, dass die Frauen von jeglicher Hausarbeit befreit sind. Haushaltshilfe - und Spitexorganisationen sind Stellen, die in solchen Situationen Hilfe anbieten. Oft kümmert sich aber auch ein Familienmitglied um die Mutter. Während der ganzen Stillzeit ist es möglich eine Brustentzündung zu bekommen. Viele Frauen haben diese Erfahrung leider schon gemacht. Meistens ist eine Brustentzündung jedoch kein Grund zum Abstillen.

Wenn Frauen aber absolut nicht stillen möchten. Müssen sie dann ein schlechtes Gewissen haben?

Nein.

Warum nicht?

Es gibt Situationen, in denen es für die Frau, ihr Umfeld und schliesslich auch für ihr Kind besser sein kann, wenn sie nicht stillt. Dies sind ganz persönliche und individuelle Gründe und sie sollten absolut respektiert werden.

Lucia Mikeler ist Hebamme.

Lucia Mikeler Knaack schloss vor 30 Jahren ihre Ausbildung zur Hebamme ab und arbeitet seit 1989 frei praktizierend im Raum Basel. 1990 gründete sie mit Kolleginnen zusammen das erste Geburtshaus der Schweiz. Sie betreut Frauen in der Schwangerschaft, unter der Geburt zuhause oder als Beleghebamme in einem Privatspital und begleitet Familien in der sensiblen Zeit des Wochenbetts. Berufsbegleitend studiert sie an der Fachhochschule Nordwestschweiz Gesundheitsförderung und Prävention. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Informationen zur Kostenübernahme

Die Leistungen der Hebammen werden ohne Belastung von Franchise und Selbstbehalt von der Grundversicherung übernommen.

Leistungen vor der Geburt

  • 6 Kontrolluntersuchungen in der normalen Schwangerschaft, wobei eine zusätzliche Kontrolle vor der 16. Schwangerschaftswoche beim Arzt stattfinden soll
  • Betreuung der Risikoschwangerschaft in Zusammenarbeit mit der Ärztin oder dem Arzt
  • Beitrag von CHF 100.- an einen Geburtsvorbereitungskurs

Leistungen bei der Geburt

  • Leitung der Geburt in einem Geburtshaus oder zuhause (inklusive Material)
  • Assistenz einer Berufskollegin aus geburtshilflichen Gründen bei einer Geburtshaus- oder Hausgeburt
  • Überwachung zuhause vor einer geplanten Spitalgeburt und Betreuung einer Fehlgeburt

Leistungen nach der Geburt

  • Betreuung zuhause durch eine Hebamme bis 10 Tage nach der Geburt (inklusive Material)
  • Betreuung ab dem 11. Tag nach der Geburt auf ärztliche Anordnung (Achtung: Diese Betreuung fällt als einzige unter «Krankheit» und es werden Franchise und Selbstbehalt erhoben)

Insgesamt 3 Stillberatungen während der gesamten Stillzeit und Nachkontrolle Geburt

Quelle: Schweizerischer Hebammenverband

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