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Seltene Krankheiten: Stark sein für den todkranken Mael

Der fast fünfjährige Mael ist todkrank. Er leidet an der unheilbaren Krankheit Niemann Pick C. Mael ist aber auch ein ganz normales Kind, das Träume hat. Die Gratwanderung zwischen Normalität und der täglichen Zerreissprobe sei eine grosse Herausforderung, sagt der Vater Matthias Oetterli, der hier Maels Geschichte erzählt.

Mael leidet an einer seltenen Krankheit.
Der fast fünfjährige Mael Oetterli leidet an der unheilbaren Krankheit Niemann Pick C und wird all seine erlernten Fähigkeiten wie das Sprechen wieder verlernen. Foto: privat

Unser fast fünfjähriger Mael sitzt auf dem Boden in unserem Haus in Udligenswil bei Luzern und spielt. Zusammen mit seinem dreijährigen Bruder Lian füttert er die Tiere im Playmobil-Zoo. Daneben spielt der jüngste Spross: Nevin, 15 Monate alt. Das scheinbar idyllische Familienbild wird jedoch überschattet. Im November 2009 wurde uns die Botschaft überbracht, dass unser Sohn Mael an der sehr seltenen und unheilbaren Erbkrankheit Niemann Pick C leidet. Die durchschnittliche Lebenserwartung mit dieser seltenen Krankheit liegt zwischen zehn und 20 Jahren. Mael wird langsam all seine erlernten Fähigkeiten wie zum Beispiel das Laufen und Denken wieder verlieren und behindert sterben.

Maels Welt ist noch in Ordnung

Bei Mael wurde die Diagnose aufgrund seiner stark vergrösserten Milz relativ früh gestellt. So gesehen ein Glücksfall. Eine frühe Diagnose bringt Eltern erstens Klarheit und zweitens die Möglichkeit zu reagieren. Sie macht aber das Leben nicht nur einfacher. Denn Mael ist jetzt noch ein scheinbar gesundes Kind. Er hat Pläne und Träume, die wohl nie in Erfüllung gehen werden. Denn die seltene Krankheit ist bereits jetzt sichtbar und sie wird fortschreiten. Schleichend, aber gewiss.

Das Leben ist für Mael nicht leicht: Er leidet an einer seltenen Krankheit.
Die Hoffnung nicht aufgeben: Das ist für Mael und seine Eltern sehr wichtig. Foto: privat

Mael ist ein aufgestellter und glücklicher Junge – seine Welt ist (noch) in Ordnung. Er spürt zwar, dass er etwas langsamer ist, dass er schnell ermüdet und fein- und grobmotorisch mit seinen Spielkameraden und seinem Bruder Lian nicht mithalten kann. Aber er weiss nicht, dass er eine tödliche Krankheit hat und er früher oder später nicht mehr laufen, sprechen, denken, essen und schlucken kann. Wir als Eltern leben ständig mit einer inneren Zerrissenheit und der Angst, dass Mael alles, was er jetzt mit Freude und Stolz macht, verlernen wird. Die Zeit, die er jetzt hat, soll deshalb so schön wie möglich sein. Wir wollen für ihn stark sein. Aber wir geben auch die Hoffnung auf eine möglichst lange Zeit mit ihm und auf ein medizinisches Wunder nicht auf. Und dafür kämpfen wir.

Ein Medikament gibt uns Hoffnung

So erhält Mael seit fast zwei Jahren mit Hilfe der IV auch das zurzeit einzige Medikament, das den Verlauf verlangsamen könnte. Drei Mal täglich schluckt er eine der teuren Pillen – um gross und stark zu werden, wie er meint. Das Medikament scheint zu helfen. Wir sehen keine Rückschritte, die bei einem natürlichen Verlauf zu erwarten wären. Das alleine ist bereits ein Erfolg. Das Medikament ist im Moment seine einzige Chance und die einzige Hoffnung, die wir haben.

Nebst der medikamentösen Therapie versuchen wir, Mael so aktiv wie möglich zu halten. Er geht wöchentlich zur Physiotherapie und ins Muki-Turnen, besucht die Spielgruppe drinnen und im Wald, bekommt Besuch von einer Heilpädagogin und ab und zu darf er Pony reiten. Grosse Hoffnung setzen wir in eine Medikamentenstudie, die im Januar in den USA gestartet ist. Mael wäre ein geeigneter Kandidat für die zweite Phase der Studie, die auch in Europa durchgeführt werden soll. Wir setzten nun alles daran, dass Mael an dieser Studie teilnehmen kann. Auch dieses Medikament wäre keine Heilung, aber eine weitere Chance auf ein besseres und längeres Leben.

Unterstützung für Kinder mit seltenen Krankheiten

Zusammen mit anderen betroffenen Familien haben wir vor zwei Jahren den Verein NPSuisse gegründet. Im November des letzten Jahres gründeten wir zudem für Mael und andere Kinder mit seltenen Krankheiten den Verein MAELS LEBEN. Wir sind international vernetzt, kämpfen für bessere Verhältnisse bei seltenen Krankheiten und unterstützen die Forschung. Im Dezember hat ausserdem eine Freundin von uns eine Spendenaktion zugunsten des Vereins MAELS LEBEN auf der Crowdfunding-Plattform www.100-days.net gestartet. Die Reaktionen sind überwältigend. Inzwischen sind weit über 10‘000 Franken zusammen gekommen. Die Aktion dauert noch bis Mitte März 2013.

Wir leben jetzt

Sehr vieles – oder indirekt vermutlich fast alles – in unserem Leben dreht sich um unser todkrankes Kind. Wir machen alles, um für Mael da zu sein, und schauen trotz Schmerz und Angst vorwärts – auch wenn das nicht immer einfach ist. Viel Kraft und Zuversicht bekommen wir von unseren Kindern, speziell von unseren beiden gesunden Buben. Das Leben geht weiter, wenn auch nie mehr wie zuvor. Das haben wir als Eltern nach diesem schweren Schicksalsschlag gelernt. Wir leben jetzt – nicht in der Vergangenheit und nicht in der Zukunft. Unsere glücklichen Kinder sind das Kostbarste, was wir haben. Für sie alle geben wir die Hoffnung nicht auf, dass Mael vielleicht doch eine Zukunft hat und noch lange bei uns bleibt und unser aller Leben bereichert.

Mehr über Mael und wie Sie für Kinder mit seltenenen Krankheiten spenden können, erfahren Sie unter www.maelsleben.ch

 

Die seltene Krankheit Niemann Pick C

  • NPC ist eine seltene, vererbte und unheilbare Speicherkrankheit. Es gibt ein zugelassenes Medikament, das die Krankheit verzögern kann. Allerdings ist dieses extrem teuer und nicht auf der Spezialitätenliste des Bundes. Dies führt dazu, dass die IV oder die Krankenkassen das Medikament nicht zwingend übernehmen müssen.
  • Derzeit gibt es in der Schweiz neun bekannte Patienten. Weitere sind in Abklärung. Mael ist das einzige betroffene Kind in der Schweiz.
  • NPC-Patienten können ein körpereigenes Cholesterin nicht richtig verarbeiten, weshalb sich der Stoff in toxischen Mengen anhäuft und es zum Zelltod kommt.
  • Je früher neurologische Symptome diagnostiziert werden, desto geringer ist in der Regel die Lebenserwartung für NPC-Patienten und desto schwerwiegender ist der Verlauf.
  • NPC-Kinder oder Jugendliche fallen durch Entwicklungsstillstand und Verlust von bereits erlernten Fähigkeiten auf, Erwachsene durch Depressionen.
  • Häufige Symptome sind: vergrösserte Leber und Milz, Lernschwierigkeiten, Störung der Bewegungskoordination, Sprach- und Schluckstörungen sowie psychiatrische Erkrankungen.
  • In der Schweiz setzt sich der Verein NPSuisse für betroffene NPC-Patienten und deren Angehörige ein. Für Mael und andere Kinder mit seltenen Krankheiten haben wir zusätzlich den Verein MAELS LEBEN gegründet. Spenden sind für beide Vereine herzlich willkommen.

Autor: Matthias Oetterli, 14. Februar 2013

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