Gesundheit > Therapien & Hilfe

Hat mein Kind Epilepsie? Symptome und Formen der Nervenkrankheit

Die Muskeln deines Babys zucken öfters unkontrolliert oder es scheint  immer wieder für kurze Zeit abwesend? Sprich deinen Kinderarzt darauf an. Möglicherweise handelt es sich bei den Vorfällen um Epilepsie. Zwar sind die Anfälle und der Verlauf der Krankheit sehr unterschiedlich. Viele Patienten mit Epilepsie können mit Medikamenten gut behandelt werden. Wie man Epilepsie bei Kindern erkennt und behandelt.

Hände halten einen Kopf ausgeschnitten aus Papier mit aufgemalten Hirnströmen, um zu zeigen, was bei Epilepsie im Gehirn passiert.
Gewitter im Kopf: Während einem epileptischen Anfall entladen sich Nervenzellen im Gehirn. © GettyImages Plus, SewcreamStudio

Epilepsie bei Kindern: Das Wichtigste in Kürze:

Du hast bei deinem Kind merkwürdige Anfälle bemerkt und befürchtest, dass es sich um Epilepsie handelt? Wenn dein Baby oder dein Kind eine Veranlagung zur Epilepsie hat, ist es tatsächlich wahrscheinlich, dass sich erste Anfälle bereits im Kindesalter zeigen. 

Epilepsie: Wenn das Hirn überreagiert

Epilepsie ist eine chronische Erkrankung des Nervensystems, die bereits bei Kinderauftreten kann. Es gibt verschiedene Formen von Epilepsie. Gemeinsam haben sie, dass das Kind immer wieder Anfälle hat, zittert, zuckt oder abwesend ist. Eine verstärkte Hirnaktivität löst diese epileptischen Anfälle aus, die meist nicht länger als zwei Minuten dauern. In dieser kurzen Zeitspanne entladen sich Gruppen von Nervenzellen im Gehirn plötzlich gleichzeitig.

Es gibt zwei Arten von epileptischen Anfällen: Ein fokaler Anfall liegt vor, wenn sich die Anfälle auf einen begrenzten  Bereich des Gehirns beschränken. Bei einem generalisierten Anfall erfassen die Entladungen der Nervenzellen das ganze Gehirn.

Hat mein Kind Epilepsie?

Hat ein Kind einen epileptischen Anfall, kann es auch Epilepsie haben. Doch zwingend ist diese Schlussfolgerung nicht. Denn auch Fieberkrämpfe gehören zu epileptischen Anfällen. Julia Franke, Geschäftsführerin der Schweizerischen Epilepsie Liga beruhigt: «Meist sind die betroffenen Kinder ansonsten gesund, nur selten stellt ein Fieberkrampf den Beginn einer Epilepsie dar.» Gewissheit bringt nur die ärztliche Diagnostik.

Epilepsie bei Kindern: Die häufigsten Symptome

Je nach Form der Epilepsie fallen die Symptome und Anfälle der betroffenen Kinder anders aus. Am bekanntesten sind Grand-Mal-Anfälle, die korrekt tonisch-klonische Anfälle heissen. Sie sind gekennzeichnet durch:

  • Bewusstlosigkeit
  • Versteifung
  • Zucken

Darüber hinaus sind Absencen verbreitet:

  • Abwesenheit, meist fünf bis zehn Sekunden
  • Während den Absencen haben die Kinder meist geöffnete Augen

Krämpfe und Zuckungen: Epilepsie beim Baby erkennen

Schwer zu erkennen ist eine Form der Epilepsie, die Kinder erstmals im Alter zwischen drei bis acht Monaten befällt. Dabei handelt es sich um sogenannte infantile Spasmen. Betroffene Kinder reissen plötzlich ihre gebeugten Arme hoch und beugen Kopf und Rumpf vor, als ob sie erschrecken würden. Diese Bewegung kann unauffällig und dezent ablaufen, sich aber auch mehrmals wiederholen. Sie kann auch leicht mit kindlichen Reflexen wie dem Moro-Reflex verwechselt werden.

In welchem Alter beginnt Epilepsie?

Schon Neugeborene können epileptische Anfälle haben. «Daraus muss allerdings nicht immer eine Epilepsie entstehen», darauf weist Julia Franke hin.  Die ersten Anfälle treten häufig bereits in der frühen Kindheit auf. Mehr als ein Drittel der Patienten erleben in der Regel in den ersten sechs Lebensjahren die ersten Symptome. «Neue Epilepsien im Erwachsenenalter sind seltener», sagt Julia Franke.

Diese Formen der Epilepsie gibt es bei Kindern

Absence Epilepsie

Die Absence Epilepsie, auch stille Epilepsie genannt, gehört zu den generalisierten Epilepsien. Sie ist nicht immer leicht zu erkennen, denn die betroffenen Kinder zeigen keine Symptome wie Zuckungen der Muskeln.

Das ist speziell an der Absence Epilepsie bei Kindern

Die Anfälle bei der Absence Epilepsie sind sehr kurz – zum Beispiel fünf bis zehn Sekunden lang. Dabei erscheint das Kind abwesend, und das in vielen Fällen mehr als hundertmal täglich. Es ist dann einen Moment lang nicht ansprechbar und hat danach eine Erinnerungslücke. Die Epilepsie macht sich meist ab einem Alter ab fünf Jahren bemerkbar. Die Behandlungsmöglichkeiten gelten als gut.

Doose-Syndrom:

Beim Doose-Syndrom, das bei Kindern ab einem Alter zwischen eineinhalb und fünf Jahren erstmals auftritt, zucken die Muskeln bei einem Anfall und verlieren plötzlich ihre Spannung. Daher besteht die Gefahr zu stürzen und sich zu verletzen!

Dravet-Syndrom:

Das Dravet-Syndrom kann sich bereits bei drei Monate alten Babys zeigen, wenn sie Fieber haben. Ursache ist meist eine genetische Mutation. Das Dravet-Syndrom kann die Entwicklung des Kindes beeinträchtigen.

Lennox-Gastaut-Syndrom:

Auch das Lennox-Gastaut -Syndrom, das durch Gehirnanlagestörungen oder genetische Veränderungen verursacht wird, führt zu Entwicklungsstörungen. Das Syndrom lässt sich nur schwer behandeln. Die Symptome können unterschiedlich sein.

Nächtliche Epilepsien bei Kindern

Die Rolando-Epilepsie, die häufig auftritt, ist eine fokale Epilepsie. In der Regel dauern die Anfälle nur kurz an und legen sich von selbst wieder. Sie ereignen sich meist in der Nacht, wenn das Kind einschläft oder aufwacht. Auffallend sind dann laute Geräusche aus dem Rachen und rhythmische Zuckungen einer Gesichtshälfte. Meist treten die Anfälle bei Kindern zwischen dem vierten und zwölften Lebensjahr auf und legen sich in der Pubertät oder nach der Pubertät.

Auch das selten auftretende Landau-Kleffner-Syndrom, bei dem sich die Anfälle während des Schlafs ereignen, gehört zu den nächtlichen Epilepsien. Das Syndrom macht sich meist im Alter von drei bis sieben Jahren erstmals bemerkbar. Die nächtliche epileptische Aktivität kann Schäden im Sprachzentrum anrichten.

Auslöser: Was kann Epilepsie bei Kindern auslösen

Die Ursachen kindlicher Epilepsien sind häufig angeboren. Doch nicht immer wird die genetische Veranlagung vererbt – sie kann auch durch Gen-Mutationen entstehen. Julia Franke: «Epileptische Anfälle bei Neugeborenen können auch durch Schädigungen im Rahmen der Geburt entstehen, wenn das Baby einen Sauerstoffmangel erleidet». Aber: Nur etwa 15 Prozent dieser Babys entwickeln langfristig eine Epilepsie, die über einen längeren Zeitraum therapiert werden muss.

Bei einem Mädchen mit EEG-Elektroden am Kopf werden die Hirnströme gemessen, um abzuklären, ob sie an Epilepsie leidet.
Mithilfe von Elektroden werden die Hirnströme gemessen, um so eine Erkrankung des Nervensystems festzustellen. © GettyImages, luaeva

Diagnostik: So wird Epilepsie bei Kindern festgestellt

1 Das Kind hatte einen Anfall, dabei aber kein Fieber? In diesem Fall ist es sinnvoll, das Kind bei einem Neuropädiater oder einer Neuropädiaterin untersuchen zu lassen. Auch nach einem Fieberkrampf sollten die Eltern sicherheitshalber einen Arzt kontaktieren.

2 Der Neuropädiater oder die Neuropädiaterin wird dich genau befragen. Deshalb hilft es dir, wenn du den Anfall deines Kindes genau beobachtet hast. Allenfalls machst du auch ein Video, das du dem Experten zeigen kannst. 

3 Bei dieser Fachperson, die auf die Entwicklung und Erkrankungen des Nervensystems von Kindern und Jugendlichen spezialisiert ist, werden die Hirnströme mit Hilfe eines EEG (Elektroenzephalogramm) gemessen.

4 Oft wird auch eine Magnetresonanztomografie (MRI) empfohlen. Mit ihrer Hilfe lassen sich Veränderungen der Hirnstruktur ausschliessen.

5 Mit Hilfe einer neuropsychologischen Untersuchung werden Konzentrations- und Lernschwierigkeiten abgeklärt.

Heilung und Therapie: So wird Epilepsie bei Kindern behandelt

Kinder, die unter Epilepsie leiden, müssen meist regelmässig Medikamente zur Behandlung der Epilepsie einnehmen. Julia Franke: «Sie können bei etwa rund zwei Dritteln aller Betroffenen die Anfälle unterdrücken.» Eine vollständig Heilung ist nur mit einer Hirnoperation möglich. Bei einer fokalen Epilepsie kommt eine solche Operation bereits infrage, wenn trotz der ersten beiden Medikamente, die eingesetzt werden, Anfälle auftreten. Eine solche Operation birgt geringere Risiken als die Folgen weiterer Anfälle. Und die Erfolgschancen sind besser, je früher operiert wird.

Epilepsie bei Kindern: Tipps für den Alltag und Umgang

1 Offenheit: Die Schweizerische Epilepsie-Liga rät dazu, offen mit der Erkrankung umzugehen. «Schon Zwei- bis Dreijährige können kindgerecht über ihre Krankheit aufgeklärt werden. Auch Verwandte und Betreuungspersonen sollten informiert sein und wissen, was im Fall eines Anfalls zu tun ist.»

2 Sport: Auch Kinder mit Epilepsie sollten Sport treiben, denn Sport wirkt sich positiv auf Motorik, Kondition, Konzentration, Gehirnleistung, Körpergefühl aus. Stress und Spannungen werden abgebaut. Wichtig ist allerdings, das Kind vor Gefahren zu schützen. Ein epileptischer Anfall am Wasser kann zum Beispiel lebensgefährlich sein.

3 Wichtig ist, jederzeit auf einen Anfall vorbereitet zu sein. Das heisst, du solltest wissen, was du tun kannst, und dir zwischendurch immer mal wieder die Erste-Hilfe-Schritte vergegenwärtigen. Wichtig ist, Notfall-Medikamente für das Kind stets bei dir zu haben, falls welche verordnet wurden. Auch Erziehende und Lehrpersonen, Grosseltern und andere Betreuungspersonen müssen Bescheid wissen, wie sie dem Kind am besten helfen.

Neueste Artikel

Beliebte Artikel