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Väter: Hin- und hergerissen zwischen Familie und Arbeit

Wohl jeder Vater will heute «ein guter Vater» sein, doch Anspruch und Realität klaffen weit auseinander. Wie sich Väter zwischen ihrer Rolle als fürsorglicher Papa und erfolgreicher Geschäftsmann hin- und hergerissen fühlen, offenbart eine neue wissenschaftliche Studie. Demnach sind Männer oft vom Alltag überfordert.

Väter: Hin- und hergerissen zwischen Familie und Arbeit
Auch Väter sind oft zwischen Familie und Beruf hin- und hergerissen. Foto: Stockbyte, altrendo images, Thinkstock

Vor 50 Jahren hatte ein Vater, der in der Öffentlichkeit einen Kinderwagen schob, Seltenheitswert. Der Vater gehörte in die Werkstatt oder ins Büro, die Mutter in die Küche und zu den Kindern. Seitdem ist viel Wasser den Bach hinuntergeflossen. Während Frauen sich mehr emanzipierten und gut ausgebildet ihren Platz auf dem Arbeitsmarkt eroberten, forderten sie von den Vätern ihrer Kinder mehr Engagement in der Kindererziehung. Eine aktuelle Umfrage des Forsa-Instituts im Auftrag der Zeitschrift «Eltern», in deren Rahmen 1‘000 Väter und Stiefväter zwischen 20 und 55 Jahren befragt wurden, bringt nun Licht in die neue Rolle der Väter: Was hat sich verändert? Und was nicht?

Väter: Zwischen altem und neuem Rollenmodell

Noch immer sind Männer gefangen vom alt hergebrachten Rollenmodell. Als Haupternährer fühlen sie sich dafür verantwortlich, genug Geld für die Familie zu verdienen. Fast 90 Prozent der Väter arbeiten ganztags, ergab die Studie, nur ein Drittel der Väter möchte die Arbeitszeit verkürzen. Doch gleichzeitig wollen Väter als moderne Papas auch im Familienleben mitmischen und mitentscheiden. «Ein guter Vater sollte so viel Zeit wie möglich mit seinen Kindern verbringen», für diese Antwort entschieden sich 81 Prozent der befragten Männer. Vollzeit arbeiten und viel Zeit mit den Kindern verbringen – das ist ein Spagat, der kaum zu schaffen ist. Wunsch und Wirklichkeit im Leben der meisten Väter klaffen also weit auseinander.

Väter mit schlechtem Gewissen

Morgens das Baby füttern, dann schnell aus dem Haus. Abends erschöpft von der Arbeit kommen, dann der ebenfalls gestressten Mutter das Baby vom Arm nehmen, Windeln wechseln und das Kleine im Kinderwagen spazieren fahren. Vater zu sein, bedeutet, beiden Lebenswelten gerecht werden zu müssen – ein Dilemma, das bei 54 Prozent der Väter das Gefühl auslöst, nicht ausreichend für die Kinder da zu sein. 17 Prozent der Väter fühlen sich sogar «völlig überfordert», ergab die Studie. 43 Prozent der Väter hätten gerne mehr Zeit für die Familie und auch mehr Freiraum für sich selbst: 39 Prozent der Väter bemängelten, sie hätten zu wenig Zeit für eigene Interessen. Fazit: Väter wollen mittendrin im Familienleben sein, sind aber oft nur dabei.

Raus aus dem Dilemma!

Wie schaffen es Väter nur, vor der Arbeit das Baby zu füttern und das Geschwister-Kind zum Kindergarten zu bringen und nach der Arbeit Zink- von Calendula-Creme zu unterscheiden, Windeln einzukaufen, über den Teppich zu krabbeln und das Baby genauso sanft wie Mami in den Schlaf zu schaukeln? «Ein Vater ist auch nur ein Mensch mit Fehlern, Schwächen und Unzulänglichkeiten», sagt Andrea Micus, Autorin des Buches «Starke Väter» in einem Interview mit www.familienleben.ch. «Ein Vater darf den Wunsch, perfekt zu sein, ruhig vergessen. Denn Kinder brauchen keine perfekten Väter. Sie brauchen starke Väter! »

Kinder machen auch Väter glücklich

Sicher, die Anforderungen an einen modernen Vater sind schwer zu erfüllen. Dennoch lohnt es sich, Vater zu sein, finden die meisten Papas. Ihr Leben sei durch die Geburt ihres Kindes glücklicher und erfüllter» geworden, gaben immerhin 58 Prozent der Väter im Rahmen der Forsa-Studie an. «Für Männer ist es eine riesige Chance, Vater zu sein und die Verantwortung für ein Kind mitzutragen», so der dänische Familientherapeut Jesper Juul. Längst würden sie ihr «Mannsein» als eigenen Beitrag einbringen. «So erleben sie eine völlig andere Bereicherung als im Job und in der Firma im Umgang mit den Kollegen.»

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