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Elternängste überwinden: Wenn die Sorgen ums Kind zuviel werden

Ängste um den Nachwuchs sind normal, alle Eltern haben sie. Es kann aber sein, dass die Ängste zu viel Macht bekommen. Aus Vorsicht entsteht dann schnell Panik und Dauerstress. Wie man als Eltern mit der ständigen Sorge umgeht und auch mal loslassen kann.

Loslassen lernen: Kind lernt Fahrrad fahren, Mutter lässt los.
Kinder müssen ihre eigenen Erfahrungen machen – als Eltern muss man da auch mal loslassen, auch wenn man weiss, dass es weh tun könnte. Bild: GettyImages Plus, AleksandarNakic

Ab dem Moment in dem der Schwangerschaftstest positiv ist, ist sie da: Die Angst um das eigene Kind. Der Gang zur ersten Untersuchung, der erste Schrei, ein Sturz vom Velo, der erste Schulausflug, der erste Freund oder die erste Freundin… selbst wenn die Kinder längst erwachsen sind, sorgen sich ihre Eltern. Das ist normal und grade im Säuglings- und Kindesalter bei Frauen hormonell bedingt. Schliesslich möchte die Natur einen möglichst guten Schutz für den Nachwuchs. Und Eltern das Beste für ihre Kinder. Das führt dazu, dass Kinder in einigen Fällen stark behütet werden und unter ständiger Beobachtung stehen.

Für die Eltern bedeutet das: Begleitung auf den Spielpi, in die Schule fahren, immer wachsam sein. Damit füllt sich der Terminkalender und ständige Aufmerksamkeit ist gefordert. Daneben gilt es den Alltag zu organisieren, Job, Partnerschaft und Freunde mit der Familie unter einen Hut zu bringen. Das kann einem schon einmal über den Kopf wachsen. Stress und Anspannung sind die Folge, der Versuch, alles perfekt zu machen wird zur Last. Neben psychischen Problemen wie Burnout oder Depressionen kann dauerhafte Angst und der dadurch bedingte Stress auch zu körperlichen Folgen wie Erschöpfung oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.

Angst als Schutzmechanismus

Zunächst einmal: Angst ist in erster Linie nichts Negatives. Sie soll uns vor Gefahren warnen und schützen. Sie ist oft durch Erfahrungen aus der Vergangenheit genährt – wir wissen, dass man sich an einer heissen Herdplatte verbrennt. Daraus entsteht Angst vor dem Schmerz und wir vermeiden die heisse Platte zu berühren. Wer die Erfahrung mit der heissen Herdplatte nicht gemacht hat, hat davor weniger Angst. Ängste sind also individuell und werden von jedem unterschiedlich bewertet. Es gibt rationale Ängste, wir die Situation einer Verbrennung an einer Herdplatte, die die man leicht verhindern kann. Aber auch irrationale, das heisst extrem unwahrscheinliche Ängste.

Als Eltern sollte man sich dessen bewusst sein. Denn Kinder spüren, wenn Eltern gestresst sind oder Angst haben. Dann übertragen sie Nervosität und Unsicherheit auf den Nachwuchs. Das passiert unter anderem durch zu viel Behütung, die ja eigentlich das Gegenteil, nämlich das Beste für das Kind, bewirken soll. Ein interessantes wissenschaftliches Experiment dazu hat die Universität Freiburg durchgeführt

Das hilft gegen Elternängste

1 Vertrauen üben: Zurück zum Beispiel mit der Herdplatte: Wir wollen unsere Kinder schützen und lassen sie deshalb nicht in die Nähe eines Herdes, damit sie sich nicht verbrennen. Die Angst davor ist begründet, vor allem, wenn Kinder alleine sind. Um die Angst zu verringern ist es aber hilfreich, gemeinsam mit den Kindern gefahrvolle Dinge zu tun, ihnen zu erklären, warum man mit Hitze und Feuer besonders vorsichtig sein muss und sie an die Benutzung heranführen, anstatt gefährliche Dinge von ihnen fern zu halten und ihnen so die Möglichkeit zu nehmen unter Anleitung zu lernen. Denn die Kleinen sind die Grössten. Sie können viel mehr als wir denken und brauchen auch die Freiheit, alleine Dinge ausprobieren zu können, um daraus zu lernen. Ob Herd bedienen, Baum erklettern oder Schwimmen lernen: Vertrauen Sie in die Entwicklungsprozesse des Kindes.

2 Loslassen lernen: Leichter gesagt als getan. Sich von seinem Neugeborenen trennen. Das Baby eine Stunde zum Grosi? Nach einem halben bis Jahr mal ein Abendessen zu zweit und sich dafür einen Babysitter leisten? Je früher wir mit dem Loslassen anfangen, desto besser. Die Angst um das Kind bleibt, aber wir lernen früh, damit umzugehen und entwickeln vielleicht eine Routine. Die Grosis haben schliesslich auch schon Kinder grossgezogen.

3 Pausen machen: Pausen sind wichtig. Sie verringern unser generelles Stresslevel und wir lernen, auch einmal kurz nicht da zu sein. Auch später, wenn die Kinder nicht mehr permanent beaufsichtigt werden wollen, ist es völlig okay, wenn Mami oder Papi mal kurz eine Pause brauchen und das dem Nachwuchs erklären.

4 Individuellen Umgang finden: Es gibt unzählige Ratgeber und Übungen gegen Stress und Ängste. Vom darüber sprechen bis zu Atemübungen und geführten Meditationen. Bei allen Vorschlängen gilt: Tun Sie das, von dem Sie wissen oder merken, dass es Ihnen hilft. Zwanghaft zu versuchen, Ängste loszuwerden und mit dem Resultat nicht zufrieden zu sein, verursacht Unzufriedenheit und weiteren Stress.

Familienübung: Gemeinsam balancieren

Eine herrliche Übung für Vetrauen und Stressabbau, die das Körpergefühl schult, den Kopf frei und auch noch Spass macht ist das Balancieren. Auf einem Mauervorsprung, einem umgefallenen Baumstamm, einem schmalen Geländer, beinahe überall findet sich eine Möglichkeit, fünf Minuten Pause zu machen. Lassen Sie die Kinder machen, Kinder lieben balancieren, es schult ihren Gleichgewichtssinn und ihr Gespür für den eigenen Körper. Probieren Sie es auch einmal aus: Gar nicht so einfach. Der Körperschwerpunkt bei Erwachsenen liegt höher, das macht Balancieren schwieriger. Die Kleinen freuen sich, wenn sie etwas besser können als Mami oder Papi. Ein weiterer Vorteil der Übung: Der Kopf ist mit der Linie, auf der Sie balancieren beschäftigt. Alltags-, Stress- und Angstgedanken haben Pause.

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