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Kolostrum: Wann du die wertvolle Vormilch sammeln solltest

Die allererste Milch, die dein Körper für dein Neugeborenes produziert, ist das sogenannte Kolostrum. Diese Vormilch wird oft auch als flüssiges Gold bezeichnet. Denn sie ist nicht nur gelblich, sie enthält auch ganz viele wichtige Nährstoffe für dein Baby. Kolostrum wird im letzten Trimester produziert und lässt sich schon vor der Geburt ausstreichen. Du kannst das Kolostrum einfrieren, um es später dem Neugeborenen zu geben. Das ist allerdings nur in bestimmten Fällen sinnvoll. Wann Experten dazu raten und  worauf bei der Kolostrumgewinnung zu achten ist. 

Babyflasche vor weissem Hintergrund mit gelblicher Vormilch gefüllt
Voller wichtiger Inhaltsstoffe: Kolostrum wird auch flüssiges Gold genannt. © GettyImages Plus, NegMarDesign

Das Wichtigste in Kürze rund ums Kolostrum:

  • Kolostrum ist auch als Vormilch und Erstmilch bekannt und wird im letzten Schwangerschaftsdrittel, also noch vor der Geburt, produziert. Es ist dickflüssiger als die Muttermilch und hat ausserdem eine gelbliche Farbe
  • Kolostrum ist reich an Inhaltsstoffen und gibt dem Neugeborenen genau die Nährstoffe, die es braucht. Es wird darum auch als flüssiges Gold bezeichnet.  Dafür ist Kolostrum gut.
  • Frühestens ab der 37. Schwangerschaftswoche darf Kolostrum ausgestrichen und gesammelt werden. Das macht allerdings nur in bestimmten Fällen Sinn, wie zum Beispiel, wenn du an Schwangerschaftsdiabetes leidest. Wann du Vormilch sammeln sollest.
  • Bei der Kolostrumgewinnung vor der Geburt wird die Vormilch erst mit der Hand ausgestrichen und danach in eine Spritze gezogen. So kannst du sie einfrieren und später deinem Baby geben. Hier findest du eine Anleitung fürs Sammeln von Kolostrum
  • Mit dem Sammeln von Vormilch sollte nicht zu früh begonnen werden. Kolostrumgewinnung kann Wehen auslösen

Die erste Milch, die du produzierst, heisst Kolostrum. Sie ist voller wichtiger Inhalts- und Nährstoffen, die dein Baby braucht, wenn es zur Welt kommt.  Diese Vormilch wird bereits im letzten Drittel der Schwangerschaft, also vor der Geburt, gebildet. Wenn es nötig ist, können schon vor der Geburt kleine Mengen  aufgefangen werden. Ärzte raten aber nur in bestimmten Fällen dazu. 

Wertvolle Vormilch: Darum ist das Kolostrum so wichtig

Kolostrum ist an die Bedürfnisse des Neugeborenen optimal angepasst. Die Stillförderung Schweiz erklärt es so: «Kolostrum hat die optimale Zusammensetzung von Makro- und Mikronährstoffen.» Verschiedene Inhaltsstoffe im Kolostrum schützen das Neugeborene vor Infektionen. Die Vormilch enthält viele elementare Antikörper, sogenannte Immunglobuline, die die Immunabwehr des Neugeborenen stärken. 

«Gleichzeitig unterstützt das Kolostrum die Reifung des Darms», führen die Experten aus. Kolostrum wirkt abführend und hilft dem Neugeborenen so, den zähen ersten Stuhl, das Mekonium, abzusetzen und Bilirubin, den gelben Gallenfarbstoff, auszuscheiden. Hilfreich ist darüber hinaus, dass das Kolostrum den Blutzuckerspiegel des Babys stabilisiert. 

Spezielle Farbe: So erkennst du Kolostrum

Kolostrum unterscheidet sich optisch von der Muttermilch, die später austritt. Nicht nur ist es dickflüssiger. Du erkennst die Vormilch auch gut an ihrer Farbe. Kolostrum ist häufig gelb oder gelblich, denn es enthält viel Beta-Carotin. «Manchmal sieht es auch wässrig aus», erklärt Stillberaterin Andrea Lutz vom Kantonsspital St. Gallen. «Aber immer hat es die richtige Zusammensetzung für das Kind.» Kolostrum wird darum auch als flüssiges Gold bezeichnet.

Hat eigentlich jede Mutter Kolostrum?

In der Regel beginnen alle Mütter bereits ab etwa der 16. Schwangerschaftswoche, die wertvolle Vormilch zu produzieren. Aber nicht bei allen Frauen tritt sie schon vor der Geburt aus. Wenn du dein Baby stillst, wird es aber sicher die ersten Tage nach der Geburt Kolostrum bekommen und von den Inhaltsstoffen der Vormilch profitieren. Der Milcheinschuss findet meist bis zu vier Tage nach der Geburt statt und das Kolostrum wird dann von der weisseren Übergangsmilch abgelöst. 

Schwangere Frau sitzt an Couchtisch und hält sich Blutzuckermessgerät an den Zeigefinger.
Schon vor der Geburt Kolostrum zu sammeln, wird nur in Ausnahmefällen empfohlen – zum Beispiel bei Schwangerschaftsdiabetes. © GettyImages Plus, dragana991

Wann du Kolostrum sammeln solltest: Das raten Ärzte

Da Kolostrum schon vor der Geburt produziert wird und bei einigen Frauen auch austritt, kann man es sammeln und einfrieren. Diese Kolostrumgewinnung wird zurzeit auch auf Social Media immer häufiger angepriesen. Aber: Experten und Ärzte raten im Normalfall davon ab. 

Laut der Stillförderung Schweiz ist die Kolostrumgewinnung nur in diesen Fällen sinnvoll:

  • Wenn bei der Mutter Schwangerschaftsdiabetes oder Diabetes mellitus Typ 1 oder 2 vorliegt.
  • Wenn beim Baby schon während der Schwangerschaft eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, eine Herzerkrankung, eine neurologische Erkrankung oder ein vermindertes Wachstum festgestellt wurde.

Trifft dies auf dich zu? Dann kannst du frühestens ab der 37. Schwangerschaftswoche damit beginnen, Kolostrum zu sammeln. «Eine vorsorgliche Kolostrumgewinnung ausserhalb dieser Indikationen ist eher kontraproduktiv und wird von uns nicht empfohlen», so die Stillförderung Schweiz.  Allerdings könne es sinnvoll sein, die Kolostrumgewinnung bereits während der Schwangerschaft zu erlernen, um sie nach der Entbindung anwenden zu können. Dies wäre zum Beispiel nötig, wenn die Milchbildung sich verzögert oder das Kleine zunächst nicht an der Brust trinken kann oder mag.

Darum ist Kolostrum bei Diabetes besonders wichtig

Kolostrum stabilisiert den Blutzucker. Darum ist es bei Diabetes besonders wichtig. Stillberaterin Andrea Lutz erklärt: «Neugeborene von Müttern mit Schwangerschaftsdiabetes haben ein erhöhtes Risiko für eine vorübergehende Hypoglykämie, eine Unterzuckerung». Bei diesen Kindern wirke sich Kolostrum besonders gut aus. 

Vorsicht! Die Kolostrumgewinnung kann Wehen auslösen

Du solltest frühestens ab der 37. Schwangerschaftswoche mit der Sammlung von Kolostrum beginnen, denn der Vorgang kann Wehen auslösen. Die Stillförderung Schweiz empfiehlt, die Gewinnung zu beenden, falls der Bauch schmerzhaft hart wird oder sich ein anderes Unwohlsein einstellt.

Bei einem Kaiserschnitt sollte erst zwei Tage vor dem Termin Kolostrum gewonnen werden. Anders ist es bei Anzeichen einer Frühgeburt und bei Mehrlingsgeburten: Hier gilt als frühester Zeitpunkt der Geburtsbeginn.

Mehrere Einwegspritzen gefüllt mit gelbem Kolostrum, das gesammelt wurde.
Kolostrum kann bereits vor der Geburt mit Spritzen gesammelt und dann eingefroren werden. © GettyImages Plus, Tamer Soliman

Kolostrum gewinnen: Ausstreichen und mit Spritze sammeln

Wenn Mütter Kolostrum sammeln, streichen sie es erst mit der Hand aus und ziehen es danach mit einer Spritze auf, um es zu sammeln und einzufrieren. Dabei ist besondere Vorsicht gefragt: «Bei der Kolostrumgewinnung spielt Hygiene eine elementare Rolle», betont Andrea Lutz. «Deshalb ist in jedem Fall eine persönliche Anleitung durch eine geschulte Fachperson notwendig.» Eine solche Fachperson kann zum Beispiel eine Still- und Laktationsberaterin IBCLC* oder eine Hebamme sein.

So viel Kolostrum kannst du pro Tag sammeln

Kolostrum wird nur in kleinen Mengen produziert. Diese steigert sich im Laufe der Zeit langsam. «Die Menge kann von Frau zu Frau sehr unterschiedlich sein», berichtet Stillberaterin Andrea Lutz. «Viele Frauen bringen es auf 0 bis 20 ml bis zur Geburt.» Nach der Geburt können es bis zu 50 ml sein – genauso viel wie der kleine Magen eines Neugeborenen fassen kann. 

Anleitung: So gewinnst und sammelst du Kolostrum

Hier kannst du dir ein erstes Bild vom Ablauf der Kolostrumgewinnung machen. Wie empfohlen solltest du dich aber von einer Expertin beraten lassen, wenn du Kolostrum sammeln willst. 

1 Wer Kolostrum sammeln möchte, nimmt Kontakt mit der Entbindungsklinik auf oder bespricht das Anliegen mit einer Stillberaterin oder Hebamme. Kliniken stellen oft eigenes Material zur Verfügung, Stillberaterinnen und Hebammen helfen bei der Beschaffung der richtigen und wichtigen Utensilien.

2 Mit gewaschenen Händen beginnt die spezielle Technik der Brustmassage. In diesem Video zeigt eine Stillberatung die Technik vor.

3 Das Kolostrum wird mit einer Spritze aufgefangen und sofort mit Namen und Datum beschriftet in den Kühlschrank gelegt. Wer zwei Mal am Tag Kolostrum sammelt, darf dieselbe Spritze beim zweiten Mal nochmals verwenden.

4 Das gewonnene Kolostrum wird am Ende des Tages in einen hygienisch einwandfreien Beutel gelegt und tiefgefroren. Auch dieser Beutel wird mit Namen und Datum beschriftet.

5 Zur Geburt lässt sich der Beutel gut gekühlt zwischen zwei Kühlakkus in einer kleinen Kühltasche mit in die Klinik nehmen. Dort wird er direkt wieder in den Tiefkühler gelegt.

6 Das tiefgefrorene Kolostrum wird nur dann benötigt, wenn das Neugeborene durch Stillen zu wenig Milch bekommt und das frische Kolostrum nicht reicht.

Kolostrum gewinnen klappt nicht? So regst du die Produktion an

Bei manchen Frauen kann der Milchfluss vor der Geburt noch nicht so gut ausgelöst werden. Andrea Lutz rät betroffenen Frauen, ein bis zwei Mal täglich etwa zehn Minuten mit der gelernten Massagetechnik dranzubleiben. «Meistens fliessen dann doch plötzlich die ersten Tropfen.» Dennoch – bei einigen Frauen fliesst vor der Geburt nichts. Die meisten dieser Frauen können nach der Geburt trotzdem normal stillen. Andrea Lutz: «Frauen, die vor der Geburt Kolostrum gesammelt haben, kennen beim Stillanfang ihre Brüste gut. Dies hilft beim Stillstart sehr.»

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